Der Saarbrücker Oberbürgermeister hat sich in einem zweiten Bürgerbrief an die Bewohner der Saarländischen Hauptstadt gewandt. Er appelliert an alle, sich an geltende Regeln zu halten. Zudem weist der Oberbürgermeister darauf hin, wie wichtig es gerade heute ist, gegenseitig aufeinander zu achten und niemanden aufgrund seiner Nationalität oder Herkunft zu diskriminieren.
Hier der Bürgerbrief im Original-Wortlaut:
„Liebe Saarbrückerinnen und Saarbrücker,
Straßen leergefegt. Restaurants, Kneipen und fast alle Geschäfte geschlossen. Die
Coronakrise schneidet tief ein in das Leben unserer Stadt, sie bestimmt das Handeln und Denken von uns allen in dieser Zeit.
Menschen vertrauen gerade in Krisenzeiten auf den öffentlichen Dienst: funktionierende Krankenhäuser, einsatzfähiger Rettungsdienst, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
und genauso auf eine ansprechbare und funktionsfähige Stadtverwaltung. Im Saarbrücker Rathaus, allen Verwaltungseinheiten und auch den städtischen Unternehmen arbeiten Menschen, die wissen, dass es jetzt auf sie ankommt.
Aufgrund unserer Pandemieplanung sind wir auch in der jetzigen Lage gut organisiert, können fast alle städtischen Leistungen weiterhin anbieten – natürlich mit Ausnahme der Einrichtungen, die auch wir zu Ihrem Schutz schließen mussten. Wir sind vorbereitet auf diese und auf andere Lagen. Gegebenenfalls werden wir den Leistungsumfang auf ein Notangebot in den systemrelevanten Bereichen bewusst reduzieren, mit diesem aber die Funktionsfähigkeit aufrechterhalten. Das ist unser Auftrag. Das ist unsere Verpflichtung, denn es geht um unsere Stadt.
Lassen Sie mich daher heute zunächst meinem Team, den Beschäftigten der Saarbrücker Stadtverwaltung, ein herzliches Wort des Dankes sagen – ich denke auch in unser aller Namen. Zum Beispiel möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamts bedanken, die weiterhin in der Stadt unterwegs sind, um die öffentliche Sicherheit und einen geordneten Straßenverkehr zu gewährleisten. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen im Telefon-Service-Center, die Bürgerinnen und Bürgern in dieser ungewissen Zeit direkte und schnelle Auskunft bei Fragen aller Art erteilen.
Danke auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schulen und Kitas, die mit ihrer Arbeit in den Notbetreuungen einen enorm wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung unseres Gemeinwesens leisten. Dadurch, dass wir Eltern von 500 Kinder in unserer Stadt durch die Kita-Notversorgung bei der Betreuung entlasten, können diese im Einzelhandel, in den Kliniken und in anderen Berufen, die die Grundversorgung sichern, arbeiten.
Hier bringen sich städtische Einrichtungen und die der freien Träger gleichermaßen ein. Danke für die hervorragende Einsatzbereitschaft, für kompetentes und gemeinschaftliches Handeln, aber auch für die Disziplin, in diesen Tagen viel mehr zu leisten, als man als Oberbürgermeister eigentlich verlangen darf.
Winterberg und Stadtkonzern sind vorbereitet.
Der Winterberg, unser städtisches Krankenhaus, hat seine Kapazitäten deutlich erweitert und beispielsweise letzte Woche eine Corona Beatmungsstation eröffnet. In nur fünf Tagen wurden durch das Team von Dr. Christian Braun 20 zusätzliche Beatmungsplätze
eingerichtet. Damit stehen nun allein in diesem Krankenhaus über 60 lntensivplätze zur
. . . .
Verfügung. Ich danke dem Team und auch dem Land, das die Mittel bereitgestellt hat.
In unserem täglich tagenden Krisenstab der Landeshauptstadt lassen wir uns auch berichten, wie gut sich die übrigen Unternehmen des Stadtkonzerns für die Sicherung der Einsatzbereitschaft aufgestellt haben: Energie, Wasser, Wärme, Abfallentsorgung, Bankgeschäfte – wir sind auch hier gut vorbereitet. Auch den Teams unseres Stadtkonzerns Saarbrücken will ich herzlich Danke sagen.
Gesundheit geht vor. Gemeinden und Regionalverband arbeiten zusammen.
Der Gesundheitsschutz hat in diesen Tagen absoluten Vorrang. Die Bilder, die uns aus Italien erreichen zeigen, es gab und gibt keine Alternative zu den von Land und Stadt verhängten Maßnahmen . Niemand kann sagen, wann wir den Höhepunkt der Krise erreicht haben.
Als Leiter der Unteren Katastrophenschutzbehörde arbeite ich seit Tagen intensiv mit dem Regionalverband und den Umlandkommunen zusammen. Wir haben alle vorbereitenden Maßnahmen getroffen, die einen wirksamen Katastrophenschutz gewährleisten. Wir haben ein von der Stadt geleitetes Führungssystem gebildet, bereiten Hilfe und Einsatzmaßnahmen vor und koordinieren schon jetzt Verwaltungsmaßnahmen. Danke an dieser Stelle auch an Regionalverbandsdirektor Peter Gillo und sein Team des Gesundheitsamts um Dr. Alexander Birk, die ebenfalls seit Wochen intensiv und konzentriert an der Bewältigung der Krise arbeiten. Auch die Städte und Gemeinden im Regionalverband arbeiten in diesen Tagen besonders eng zusammen – das ist gut so.
Einheiten des Katastrophenschutzes und der Feuerwehr stehen bereit.
Neben diesem Verwaltungsstab wurde eine technische Einsatzleitung gebildet. Diese lenkt die Einheiten des Katastrophenschutzes: zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, den ASB und das THW sowie die Einheiten der Feuerwehr. Auch die Bundeswehr hat ihre Reservisten aktiviert. Viele Menschen, die diese Dienste leisten, konnte ich in den letzten Wochen kennenlernen. Ich weiß, auf unsere Helferinnen und Helfer können wir uns verlassen. Ihnen und allen Ehrenamtlern, die ihren Dienst weiter leisten, will ich herzlich danken.
Im Kleinen wie im Großen: Auf das Miteinander kommt es an.
Ich bitte Sie herzlich, das Miteinander in diesen Tagen in den Mittelpunkt zu stellen und füreinander da zu sein – in der Familie, in der Nachbarschaft und darüber hinaus – natürlich oft per Telefon oder auch über das Internet. So schnell die Pandemie unser Land und unsere Stadt erreicht hat, wird sie leider nicht wieder verschwinden. Wir müssen uns auf einen wochenlangen, wenn nicht sogar monatelangen Kampf gegen das Coronavirus einstellen. Das erfordert von uns allen einen langen Atem und mentale Stärke. Immer wieder werden Sie hören, dass Menschen erkrankt sind – vielleicht auch jene, die Sie kennen. Bitte bereiten Sie sich auch auf solche Lagen vor. Seien Sie – trotz körperlicher Distanz – besonders achtsam, rücksichtsvoll und bedacht.
Arme Menschen nicht vergessen: Helfer dürfen helfen.
Die neuen Bestimmungen zur Eindämmung des Virus sind eindeutig. Nur in ganz wenigen Fällen kann und wird die Landeshauptstadt als Ortspolizeibehörde daher Ausnahmen zulassen. Es werden nur wenige und zudem bereits existierende Hilfsangebote genehmigt werden können. Es sind solche, die die Existenz von Menschen sichern, die ohnehin schon in schwierigen Umständen leben und in großer Not sind. Mit einer extrem schnellen Genehmigung konnten wir dazu beitragen, dass „Ingos kleine Kältehilfe“ weitergeht. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingt, ein Angebot der Wärmestube, des Kältebusses und auch des Drogenhilfezentrums unter dem jetzigen Recht abzusichern.
Verurteilt nicht. Diskriminiert nicht.
Franzosen, Italiener, Asiaten und Menschen aus allen Teilen unsere Welt: Ihr seid genauso Saarbrücken. Niemand hat das Recht, Menschen aufgrund ihrer Nationalität oder Herkunft pauschal zu verurteilen oder – schlimmer noch – zu verunglimpfen. Ob unsere französischen Nachbarn oder Menschen aus anderen Ländern – sie sind Teil unserer Stadt. Hier ist ihr zu Hause, hier sind sie willkommen.
Nicht Grenzen schützen, sondern gemeinsames Handeln.
Gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich, was eine Freundschaft wert ist. Deshalb ist es mir ein besonderes Bedürfnis, mich für ein gemeinsames Haus Europa, ein Europa der offenen Grenzen zu bekennen. Angst ist kein guter Ratgeber. Grenzen bieten vor Viren keinen Schutz – nur gemeinsames Handeln schützt. Gerade wir Saarländer sind aufgefordert, mit unseren Nachbarn Frankreich und Luxemburg gemeinsam durch die Krise zu gehen. Die Kriege der Vergangenheit sollten uns eine Mahnung sein. Wir müssen jetzt Haltung zeigen.
,,Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung.“
Dieses Zitat von Willi Graf soll Sie diese Woche begleiten: ,,Jeder Einzelne von uns trägt zum Gelingen des Großen und Ganzen bei.“ Jeder Einzelne ist wichtig. Jeder, der zu Hause bleibt. Jeder, der e1ner beruflichen Tätigkeit nachgeht. Ich denke gerade an die Kassiererinnen und Kassierer im Lebensmittelhandel, Menschen, die in der Pflege oder im Transportwesen arbeiten.
Helfen Sie alle mit: Halten Sie Abstand und die Hygieneregeln ein.
Ich wünsche uns allen Gesundheit und die nötige Stärke, durch diese Krise zu gehen. Ich danke Ihnen herzlich.
Saarbrücken am 23. März 2020