Er gilt als einer, der Politik anders macht: Robert Habeck. Am vergangenen Donnerstag las er im Sulzbacher Salzbrunnenhaus aus seinem Buch „Wer wagt, beginnt“ und stellte sein neustes Werk vor, das in der kommenden Woche erscheinen wird.
In der Tat: Robert Habeck betritt die Bühne nicht wie ein Politiker. Er vergibt seinen Stuhl an einen Zuschauer, bittet die zahlreichen Neugierigen, sich „woodstockmäßig“ auf der Bühne auszubreiten. Die Message kommt an: Hier ist einer, der sich nicht erhaben fühlt gegenüber den anderen im Raum. Dann beginnt er mit der Erzählung, wie er überhaupt zu den Grünen gekommen ist, diesen „Robin Hoods“ in der modernen Welt – so stellte er sie sich zumindest vor, bevor er dort eintrat. Der erste Besuch einer Veranstaltung bei den Grünen endete damit, dass er von einem Haufen Demotivierter zum Kreisvorsitzenden gewählt wurde. Vorher musste er natürlich schnell noch der Partei beitreten…
Robert Habeck ist von Beruf Schriftsteller. Vielleicht macht das den Unterschied. Seine Ausführungen waren nicht nur reflektierend, sie waren auch selbstreflektierend. Wann hat man dies zuletzt von einem deutschen Politiker erlebt? Vielleicht von seinem schleswig-holsteinischen Kollegen Wolfgang Kubicki.
Einen Teil seiner Lesung widmete er dem Thema „Scheitern der Jamaica-Koalition“. Präzise skizzierte er den Autoritätsverlust der Kanzlerin, der sich vor allem darin manifestierte, dass sie ihre Führungsrolle während der Gespräche gar nicht wirklich annahm, die inhaltliche Konfrontation vermied und die meisten Sachfragen an untergeordnete Verhandlungsgruppen delegierte. Als sich die FDP – wortlos – zurückzog, platzte nach einer kurzen Phase der Enttäuschung die Erleichterung aus dem sonst eher spröden Winfried Kretschmann heraus: „Ich geb´ einen aus!“ rief er, als Schwabe wohl wissend, dass er ohnehin nichts bezahlen musste.
Gleichzeitig bedauerte Habeck, dass es nicht zu einer Einigung gekommen sei. Das mache es in Zukunft noch schwieriger, Koalitionen außerhalb der GroKo zu schmieden.
Das Publikum durfte sich ebenfalls einbringen und Fragen stellen. Europa war ein Thema, die Frage, wie man der AfD begegnen könne, der Verschleiß, der mit dem Leben als Politiker einhergehe. Stets traf Habeck den richtigen Ton, in der Sache klar, aber ohne überheblich zu werden. Nach der Veranstaltung signierte er Bücher und stand dem Publikum für Fragen und Antworten zur Verfügung.
Keine Frage: Es war ein sehr überzeugender Auftritt eines Mannes, der ohne Scheuklappen durchs Leben zu laufen scheint. Robert Habeck wird noch viel(e) erreichen können, wenn er sich seine Authentizität bewahrt.
Schauen Sie hier auch das Interview, das wir am 27.9. nach der Veranstaltung im Salzbrunnenhaus mit Robert Habeck führen konnten: