Am 9. November 1938 wurden in der Reichspogromnacht Juden misshandelt, verhaftet oder getötet. Synagogen in Deutschland brannten. In der Berliner Synagoge Rykestraße gedachte Bundeskanzlerin Merkel der Opfer der Novemberpogrome vor 80 Jahren.
„All dieses Leid kann man gar nicht benennen. Es fehlen mir hier die Worte.“ So begann Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Ansprache in Gedenken an die Geschehnisse in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Damals brannten unzählige Synagogen. Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet, jüdische Bürger misshandelt und getötet. „Aus Nachbarn wurden Täter und Verbrecher“, erinnerte die Kanzlerin. Die Novemberpogrome im Jahr 1938 müssten als Teil eines Prozesses verstanden werden, „dem mit der Shoa ein schreckliches Danach folgte, dem aber eben auch ein Davor vorausging.“
Zwiespältiges Bild in Deutschland
Mit Blick auf das Hier und Heute sagte Merkel, es gebe in Deutschland auf der einen Seite „wieder blühendes jüdisches Leben – ein unerwartetes Geschenk nach dem Zivilisationsbruch der Shoah.“ Zugleich erlebten wir einen Antisemitismus, der sich zunehmend offen und teils ungehemmt entlade. Umso wichtiger sei es, sich nicht nur am Gedenktag, sondern an jedem Tag daran zu erinnern, „dass Grenzüberschreitungen und Verbrechen zuzuschauen in letzter Konsequenz bedeuten, mitzumachen.“
Entschieden gegen Hass vorgehen
Zu den Lehren gehört Merkel zufolge: „Jeder Mensch ist einzigartig.“ So dürften Gruppen niemals pauschal verurteilt und die Gesellschaft in „Wir“ und „die Anderen“ unterteilt werden.“ Der Staat müsse entschlossen gegen Antisemitismus, Rassismus und Extremismus vorgehen und konsequent handeln. Das gelte auch, wenn Hass auf Juden und auf Israel von Menschen mit einem anderen religiösen und kulturellen Hintergrund ausgehe. „So wie es niemals einen Generalverdacht gegen muslimische Menschen geben darf, wenn im Namen ihrer Religion Gewalt verübt wird, so ist zugleich klar, dass sich jeder, der in unserem Land lebt, zu den Werten unseres Grundgesetzes bekennen muss.“
Zentralrat der Juden gedenkt
Zuvor hatte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, klare Worte zur AfD gefunden, die nicht eingeladen worden war. „Es wäre für die jüdische Gemeinschaft unerträglich gewesen, diese Fraktion heute hier zu haben“, erklärte Schuster. Er warnte davor, Geschichte zu leugnen oder verharmlosen. Mit Blick auf die schwindende Zahl der Holocaust-Überlebenden weltweit fügte Schuster hinzu: „Wir werden die Flamme der Erinnerung nie erlöschen lassen.“