Dieser Tag gilt in vielen Staaten Europas als Tag der Befreiung und ist z.B. in Frankreich gesetzlicher Feiertag. In Deutschland dagegen spürt man noch immer einen zwiespältigen Umgang mit dem denkwürdigen Datum. Rechtsradikale nutzten es schon für revanchistische Aufmärsche und auch die breitere Nachkriegsgesellschaft brauchte Jahrzehnte, um mit ihm ihren Frieden zu machen. Bundespräsident Richard von Weizsäcker hielt seine wegweisende Rede am 8. Mai 1985, eine Vogelschiss-Partei, die heute im Bundestag sitzt, hätte womöglich den Saal verlassen…
Vielleicht werfe ich doch lieber am heimischen Monitor einen Blick auf die aktuelle Nachrichtenlage: „Spiel mit dem Feuer im Persischen Golf“ (tagesschau.de), „Rohani gibt Europa 60 Tage“ (spiegel.de), „Selbst hartgesottene Investoren kehren der Türkei jetzt den Rücken“ (Welt.de), „So will Volkswagen Tesla in die Knie zwingen“ (FAZ.net), „Doris soll nicht mehr Schröder heißen“ (bild.de). Vor unserer Haustür hat der SR recherchiert: „Ausgaben für Gutachten höher als bisher bekannt“ (sr.de) und die Saarbrücker Zeitung vermeldet auf ihrer (endlich) neugestalteten Website: „LSVS beantragt Millionenkredit bei der Landesbank“. Und gibt man heute bei Google „Baby“ ein, wird sofort „Sussex“ vervollständigt, süße Bilder gibt es auch schon all überall, aber „…immer noch kein Name“, so Bild.
So hat jeder seinen 8. Mai, zwischen amerikanischer Kriegsrhetorik, iranischer Drohung mit Drogenflut und Flüchtlingen, Sultanats-Demokratie, industriellem Fortschritt, schmutziger Wäsche und royalem Glück. Nur im Saarland scheint nichts zu zählen als kleinliche Berechnung: Gutachterkosten des Landes und Finanzmisere des Landessportverbands.
Will man sein Weltbild trotz dieser Diversität der Meldungen schön geschlossen halten, muss ein Roter Faden her. Sein Ende liegt hinten, im Saarland, und heißt „Geld“. Und schon läuft es wieder: Im Persischen Golf geht es um Öl, in Istanbul um Großaufträge einer Millionenstadt, bei VW um einen profitablen Zukunftsmarkt und bei Schröders um Markenrechte, nehme ich mal an. So gesehen, hat der Blick aus der Provinz doch wieder etwas Realistisches.
Nur „Baby Sussex“ lassen wir besser außen vor. Mag es heute stehen für Leben, Hoffnung, Glück – das hat etwas Befreiendes.
PS: Der Instagram-Kanal „Sussexroyal“ (6,9 Mio Abonnenten) teilt mit: „The Duke and Duchess of Sussex are pleased to announce they have named their first born child: Archie Harrison Mountbatten-Windsor.“ Irgendwie hatte mir „Baby-Sussex“ besser gefallen.