„Bei der Kurzarbeit und dem Kurzarbeitergeld tun sich in der Corona-Krise erhebliche Regelungslücken auf, die für viele Menschen schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben werden“, warnt Beatrice Zeiger, Geschäftsführerin der Arbeitskammer des Saarlandes. So haben etwas die rund 96.500 Minijobber im Land keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. „Das muss sich ändern“, fordert Zeiger. Außerdem warnt die AK Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davor, Vereinbarung von unbezahltem Urlaub zu unterschreiben. „Nach vier Wochen ohne Lohnfortzahlung sind die Beschäftigten nicht mehr krankenversichert. Das wissen viele gar nicht“, so Zeiger. Die AK unterstützt zudem die Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes nach einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. „Passiert dies in der jetzigen Krise nicht, werden bundesweit Millionen und im Saarland zehntausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Regen stehen gelassen“, betont Jörg Caspar, Vorstandsvorsitzender der Arbeitskammer.
Deutschland droht aufgrund der Corona-Pandemie in eine tiefe Rezession zu stürzen. Das Saarland wird diese Entwicklung besonders hart treffen. Viele Unternehmen überlegen deshalb, ihren Betrieb mit Kurzarbeit zu retten. „Besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen, die wenig bis gar keine Erfahrung mit Kurzarbeit haben, macht sich Unsicherheit breit und es passieren viele Fehler. Das bekommen auch die Beschäftigten zu spüren“, sagt Beatrice Zeiger, Geschäftsführerin der Arbeitskammer des Saarlandes und Leiterin der Abteilung Beratung.
Etwa bei vermeintlich gut gemeinten Vereinbarungen zum unbezahlten Urlaub – oft zur Kinderbetreuung. „Wir warnen die Beschäftigten ausdrücklich davor, solche Vereinbarungen einfach zu unterschreiben. Nicht nur, dass sie keinen Lohn erhalten, nach vier Wochen fallen sie aus dem Sozialversicherungssystem. Das heißt, sie sind nicht mehr gesetzlich krankenversichert sondern müssen sich freiwillige versichern“, erläutert Zeiger. Auch müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht jede Vereinbarung zur Kurzarbeit annehmen, denn diese gelten oft zeitlich unbegrenzt, also auch für Zeiten, wenn die Krise längst überstanden ist. Oft macht schon eine Befristung der Kurzarbeit Sinn – gerade in der aktuellen Situation. „Sie haben das Recht, jede Regelung zu prüfen und zu überdenken, bevor Sie unterschreiben“, sagt Zeiger. Die Arbeitskammer bietet hier kostenlose Erstberatung für Ihre Mitglieder an. Das sind alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Saarland arbeiten.
„Unsere Juristinnen und Juristen der Arbeitsrechtsberatung beantworten seit einigen Tagen hunderte Fragen von saarländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Kurzarbeit und zum Kurzarbeitergeld. Dabei stellen wir rechtliche Lücken fest, die es zu schließen gilt“, fordert Zeiger.
Leidtragende sind vor allem die so genannten Minijobber. Minijobber sind geringfügig beschäftigt. Das heißt, dass sie nicht pflichtversichert in der Arbeitslosenversicherung sind. Es besteht also derzeit nicht die Möglichkeit, für die Minijobber Kurzarbeitergeld von der Agentur für Arbeit zu erhalten. „Das muss dringend und kurzfristig geändert werden. Geringfügig Beschäftigte müssen in den Kreis derer aufgenommen werden, für die Kurzarbeitergeld beantragt werden kann“, fordert Beatrice Zeiger. Im Saarland arbeiten rund 96.400 Minijobber. Das sind 14,3 % aller anhängig Beschäftigten (13,5 Westdeutschland). Davon sind 65.500 Menschen ausschließlich geringfügig beschäftigt. „Diese Menschen fallen durch die aktuellen Regelungen in einen wirtschaftlichen Abgrund“, warnt Zeiger.
„Die Nachteile der geringfügigen Beschäftigung werden in der aktuellen Situation mal wieder deutlich. Für die Zukunft gilt deshalb, dieses prekäre Beschäftigungsverhältnis wieder in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umzuwandeln“, so Zeiger.
Rechtsunsicherheit herrscht auch darüber, in welchem Umfang die Beschäftigten ihren Urlaub nehmen müssen, bevor das Unternehmen Kurzarbeit anmelden kann. „In der aktuellen Krise ist es wenig sinnvoll, den Jahresurlaub jetzt schon zu nehmen. Denn wenn die Wirtschaft wieder angekurbelt wird, hätten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren kompletten Urlaub bereits verbraucht, und stehen spätestens in den Sommerferien, wenn Kitas und Schulen geschlossen haben, vor demselben Problem. Deshalb muss hier eine erleichternde rechtliche Klarstellung im Sinne der Beschäftigten her, die dann auch den Unternehmen Planungssicherheit gibt“, so Zeiger abschließend.
Ganz aktuell ist auch die Debatte um die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes ein großes Thema in der Beratung. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld nicht aufstocken, es sei denn ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung enthalten entsprechende Regelungen hierzu. Derzeit verhandeln die Tarifpartner im Bund darüber, ob jetzt in der Krise eine Ausnahmeregelung greifen soll. Hintergrund: Die Arbeitgeber bekommen bei Kurzarbeit die Sozialversicherungsbeiträge komplett vom Bund erstattet. „Wir unterstützen die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, das Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Teile der Erstattung nutzen sollen, um das Kurzarbeitergeld für die beschäftigten auf 80 % aufzustocken“, betont Jörg Caspar, Vorstandsvorsitzender der Arbeitskammer. „Die Sozialversicherungsbeiträge werden paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlt. Deshalb müssen auch beide Parteien in der Krise finanziell entlastet werden. Passiert das nicht, werden viele Kurzarbeiter Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV) in Anspruch nehmen müssen. Bisher lehnen die Arbeitgeber diese Regelung ab. „Das ist in der jetzigen Krise unverantwortlich und lässt bundesweit Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Regen stehen.“
Die Juristinnen und Juristen der Arbeit- und Sozialrechtsberatung sind zu erreichen unter 0681 – 4005 111 oder per E-Mail: beratung@arbeitskammer.de.