Durch die Ernennung von Boris Johnson zum neuen britischen Premier wird ein harter Brexit immer wahrscheinlicher. Jörg Caspar, der Vorstandsvorsitzende der Arbeitskammer, erwartet negative Auswirkungen auch auf die saarländische Beschäftigung. Durch eine Verringerung der Ausfuhren bzw. der Produktion für Großbritannien infolge eines ungeregelten Brexits könnten nach Schätzungen auf Basis einer Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) im Saarland 1.300 bis 1.500 Jobs auf dem Spiel stehen. Besonders betroffen wären der Saarpfalz-Kreis und der Kreis Saarlouis. „Es ist gut, dass die Landesregierung bereits Vorkehrungen für den Fall eines harten Brexit getroffen hat. Ein Brexit-Beauftragter und direkte Anlaufstellen für Unternehmen müssen aber auch ein offenes Ohr für die Interessensvertretungen der betroffenen Beschäftigten haben – auch die Betriebsrätinnen und Betriebsräte benötigen beratende Unterstützung!“, so Caspar.
Die Auswirkungen eines ungeregelten Ausscheidens Großbritanniens aus der EU würden die Saarwirtschaft besonders hart treffen. Schon im Jahr nach der Ankündigung des Brexit verlor Großbritannien seine Stellung als wichtigster Handelspartner für die exportorientierte Saarwirtschaft. Seit 2017 ist Frankreich wieder vorne. Dennoch hat Großbritannien für das Saarland im Vergleich zu allen anderen Bundesländern die mit Abstand größte Bedeutung. Die saarländische Wirtschaft exportierte im letzten Jahr immer noch Waren im Wert von knapp 2 Mrd. Euro nach Großbritannien. Das entspricht einem Anteil von 12,4 Prozent aller Ausfuhren des Saarlandes (zum Vergleich, Bund: 6,2 %). Im Jahr 2015 lag der Wert noch bei 2,7 Mrd. Euro bzw. 17,8 Prozent.
Großbritannien ist vor allem wichtigster Handelspartner der saarländischen Schlüsselindustrie Automobil. An allen Ausfuhren nach Großbritannien aus dem Saarland machte die Kfz-Industrie fast 80 % aus (rund 1,5 Mrd. Euro). Es wäre aber nicht nur die saarländische Kfz-Industrie von einem harten Brexit stark betroffen, sondern in einer zweiten Wirkungskette auch die Zuliefererbranchen (z.B. Stahlindustrie und Maschinenbau) oder das Transportgewerbe. „Damit die damit verbundenen Arbeitsplätze durch den Brexit nicht gefährdet werden und auch angesichts der weltweit drohenden Hemmnisse im Außenhandel, ist eine kraftvolle Binnennachfrage von enormer Wichtigkeit für Konjunktur und Beschäftigung an der Saar“, erklärt Caspar, „neben den privaten Konsummöglichkeiten, die in erster Linie über ordentliche Einkommen erreicht werden, sind hierfür auch öffentliche Investitionen erforderlich, um entsprechende Impulse setzen zu können“.