LSU sieht Perpektive von LSBTIQ in der Union gereift, bleibt aber weiterhin „Stachel im Fleisch“ der Partei
Der CDU-Parteitag wählte am 16. Januar Armin Laschet zum Nachfolger von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen setzte sich unter allen drei Kandidaten und nach einer abschließen Stichwahl gegen Friedrich Merz bei der Wahl des Parteivorsitzenden durch. Alexander Vogt, Bundesvorsitzender Lesben und Schwule in der Union (LSU) blickt zunächst noch einmal zurück: „Dass uns seit der Rückzugsankündigung von Annegret Kramp-Karrenbauer die Frage Wer wird Parteichef? auch in der LSU sehr bewegt hat, steht außer Frage, ist doch die Gleichstellung von LSBTIQ nie ein Kernthema der Union gewesen. Aber bereits unter der Parteivorsitzenden Angela Merkel hat sich die CDU in dieser Frage sehr wohl und sehr weit bewegt – bewegen müssen. Die innerparteiliche Diskussion über unsere Themen konnte unter ihrem Vorsitz erstmalig überhaupt geführt werden und ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat dann auch an den Stellen wo sie Verantwortung getragen hat, hier und da Fortschritte in der Sache erzielt. Sie hat zum Beispiel mit der Arbeit der CDU-internen Struktur- und Satzungskommission die Anerkennung der LSU als parteiinterne Organisation bis zur Beschlussreife vorangetrieben, sich Podiumsdiskussionen um LSBTIQ-relevante Themen gestellt und auch in ihrer kurzen Zeit im Amt als Verteidigungsministerin den Anliegen queerer Bundeswehrangehöriger Gehör verschafft und Fortschritte erzielt. Zu nennen ist da nicht zuletzt das Gesetz zur Rehabilitierung diskriminierter Soldatinnen und Soldaten. Das die ein oder andere öffentliche und bisweilen auch unglückliche Äußerung von ihr nach wie vor auf Unverständnis trifft ist nachzuvollziehen. Aber in ihrer Zeit als Parteivorsitzende hat sie die Union in ihrem Reifeprozess zu LSBTIQ-relevanten Themen schon auch weiterbewegt.“
Wenn es mittlerweile zwar schon eine kleine Tradition geworden ist die Regenbogenflagge vor der CDU-Parteizentrale zu hissen, ist der LSU klar, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. Zu vieles ist noch offen: die rechtliche Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien, die Reform des Transsexuellengesetzes, der Kampf gegen Hasskriminalität, gesundheitspolitische Aspekte, und immer wieder ganz alltägliche Diskriminierung auf der Straße, am Arbeitsplatz, an Schulen und Hochschulen und auch in der eigenen Familie.
Mit Blick auf den neuen Parteichef erklärt Vogt: „Als Bundesvorsitzender bin ich in den letzten Wochen häufig auf eine Positionierung der LSU zu den Kandidaten angesprochen worden. Dies habe ich allerdings abgelehnt. Zum einen fällt das Meinungsbild unter unseren Mitgliedern sehr unterschiedlich aus, zum anderen waren die ins Kalkül zu ziehenden Aspekte zu mannigfaltig, um sich im Vorfeld eindeutig für einen Kandidaten aussprechen zu können. Sprachen aus LSBTIQ-Sicht Argumente gegen den einen Kandidaten, sprachen aus staatsbürgerlicher, wirtschaftlicher, außenpolitischer etc. Sicht vielleicht Argumente für ihn. Wir haben unsere Mitglieder befragt, welche Themen ihnen besonders wichtig sind. Dabei haben sich Kernfragen herauskristallisiert, die wir dann an alle drei Kandidaten weitergeleitet haben. Alle drei haben ausführlich geantwortet. Es gab Zeiten, da war das gar nicht so selbstverständlich. LSBTIQ-Inhalte sind ohne Wenn und Aber auf dem Schirm der Partei. Nicht immer gänzlich in unserem Sinne, aber sie werden diskutiert und lösungsorientiert angegangen. Unser neuer Parteivorsitzender Armin Laschet hat auf unsere Frage hin zudem zugesagt, die Annahme des Beschlusses zur Anerkennung der LSU als Parteiorganisation zu unterstützen und bis dahin weiterhin dafür zu werben. Ich denke beim nächsten Parteitag, wenn auch wieder satzungsändernde Beschlüsse gefasst werden, dürfte es soweit sein. Das ist für uns auch deshalb wichtig, weil damit konkrete Rechte wie das Antrags- und Rederecht bei Parteitagen verbunden sind. Das stärkt unsere Rolle in der CDU. Wir werden jedenfalls weiter unsere Arbeit machen und Stachel im Fleisch der Partei sein, wenn es um LSBTIQ-Themen geht.“
Abschließend erklärt Vogt: „Mich macht es auch stolz, dass wir es mit unserer jahrelangen Arbeit als LSU geschafft haben, dass heute selbst auf der Ebene der CDU-Kreisverbände neuen, jungen und älteren CDU-Mitgliedern ganz selbstverständlich vermittelt wird, dass es da eine Organisation innerhalb der CDU gibt, in der sie sich für Gleichberechtigung, Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ-Menschen einsetzen und engagieren können, ob sie nun selbst lesbisch, schwul, bisexuell, Trans* sind oder nicht. Das habe ich erst kürzlich wieder bei einer Mitgliederumfrage eines saarländischen CDU-Kreisverbands gesehen. Da werden neue CDU-Mitglieder ganz selbstverständlich gefragt, ob sie Interesse an einer Mitgliedschaft bzw. Mitarbeit in einer parteiinternen Organisation wie der LSU haben und ihnen werden dann entsprechende Informationsmaterialien bereitgestellt und Kontakte vermittelt. Eine Tatsache, die ich mir im Jahr 1999, als ich selbst CDU-Mitglied wurde, nicht besser hätte vorstellen können. Es ist schön zu sehen, dass die Perspektive homosexueller Menschen und CDU-Mitglieder heute mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit geworden ist und das WIR in der Union ausmacht, auch an der Parteibasis. Ich bin mir sicher: Einem Parteivorsitzenden Armin Laschet ist dies auch bewusst!“