Der große Saal im Dachgeschoss des Deutschen Zeitungsmuseums in Wadgassen bot einen angemessenen Rahmen für die zahlreichen Liberalen, die zum politischen Aschermittwoch gekommen waren. Nach einführenden Worten des Generalsekretärs Marcel Mucker trat der Landesvorsitzende der Saar FDP, Oliver Luksic, ans Mikrofon.
Nach 16 Jahren Stillstand unter Merkel müsse die FDP dafür sorgen, dass Deutschland wieder an die Spitze komme. So begann der Staatssekretär im Verkehrs- und Digitalministerium seine Rede und nahm sogleich Kurs auf das Zentralthema der Liberalen: Wirtschaftspolitik, nicht ohne zuvor der AfD noch einen mitzugeben: Die Partei sei vielleicht eine „Alternative für Russland“, aber keine für das Saarland.
Die Welt verändere sich. China und Russland arbeiteten zusammen, die Zeit für Freihandelsabkommen sei gekommen. Das sei insbesondere für das exportorientierte Saarland von besonderer Wichtigkeit. Dabei helfe eine zusätzliche, bürokratische Belastung wie durch das Lieferkettengesetz keinesfalls, weswegen die FDP auch für dessen Stopp auf europäischer Seite gestimmt habe, auch wenn der mediale Widerhall wuchtig gewesen sei. „Wir können nicht sonntags vom Bürokratieabbau reden und sonntags das Gegenteil machen.“ erklärte Luksic.
„Wir brauchen mehr Soziale Marktwirtschaft!“ fügte er an. Diese werde zugunsten planwirtschaftlicher Bestrebungen abgeschafft. Als Nachweis für seine These führte Luksic die außerordentlich hohe Subventionierung ausländischer Investoren an: „Obwohl das Saarland mit Milliarden aus einem verfassungswidrigen Fonds um sich wirft, fallen wir wirtschaftlich immer weiter zurück!“. 517 Millionen etwa stelle man der Fa. Wolfspeed zur Verfügung – für 600 Arbeitsplätze. „Wieviele Arbeitsplätze könnten saarländische Mittelständler mit soviel Investitionshilfe schaffen?“ fragte Luksic und fügte an, dass auch die Fachkräfte für ein Chipwerk im Saarland fehlten. Kurz: Die Wirtschaftspolitik der Landesregierung sei ein planlos und willkürlich. „Immer mehr Schulden, immer mehr Geld, immer mehr Pleite.“ Das Finanzgebahren der SPD-Regierung erinnere an Boris Becker.
Überdies gäbe es keine Regelungen für den Zugang zu solchen Investitionszulagen. Luksic fragte, wie eigentlich saarländische Unternehmen davon profitieren könnten. „Wie man Mittel aus dem Transformationsfonds erhält, entscheidet die saarländische Landesregierung nach Gutdünken.“ Und das sei auch das Versagen der CDU im Landtag. Im Bund habe die CDU mit Erfolg geklagt. Voraussetzung für Einrichtung eines solchen Sondervermögens sei ein „externer Schock, der nicht voraussehbar war“, wobei das Ziel der Jährlichkeit gelten müsse. Die Ausgaben zur Reduzierung der Ausgaben des Schocks müssen im Jahr des Ereignisses getätigt werden. „Die Argumentation des Saarlandes, dass man im Jahr 2032 eine Halle wegen des Ukrainekrieges renovieren muss, ist nun eher brüchig.“ Deswegen wäre es sinnvoll, wenn sich SPD und CDU zusammensetzten, um einen solchen Fonds in der Saar-Verfassung abzusichern. „Dem Verfassungsbruch im Saarland mit wortgewaltigen Reden zuzustimmen – das schafft nur die saarländische CDU!“.
Das Rasendesaster im Ludwigsparkstadion kam ebenfalls zur Sprache. Ein Heimspiel für den ehemaligen Jugendspieler des 1. FC Saarbrücken, aber nicht nur aus sportlichen Gründen, denn es war die FDP-Stadtratsfraktion mit Dr. Helmut Isringhaus an der Spitze, die verhinderte, dass Oberbürgermeister Uwe Conradt seinen „kongenialen Partner“, den Skandalanwalt (Stichwort Geldkoffer), GIU-Geschäftsführer und Baustellenleiter Martin Welker im Ludwigsparkstadion zum Baudezernenten berufen konnte. Auf Kosten der damaligen Jamaica-Koalition. „Wir haben Rückgrat gezeigt. Das war gut!“ konstatierte Luksic unter dem Beifall der Anwesenden.
Nach dem viel umjubelten Auftritt des Landesvorsitzenden schritt Dr. Hanno Thewes, der Europa-Kandidat der Saarliberalen, auf die Bühne. Er wies auf die Bedeutung der Wahl am 9. Juni hin: Früher sei es um den Krümmungsgrad der Gurken gegangen, heute sei Europa das zentrale politische Thema: „Wir können unsere Probleme nur noch gemeinsam lösen“. Thewes regte entsprechend eine gemeinsame Europäische Verteidigung gegen den Aggressor aus Russland an und verwies auf den Kurs der FDP, den Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die als Spitzenkandidatin für das Europaparlament antritt, entscheidend präge. „Gerade dieses Bouquet aus Glaubwürdigkeit und Fachkompetenz brauchen wir jetzt in Brüssel“ resümierte der Informationswissenschaftler.
Ob es Thewes gelingen wird, die Freidemokraten im Saarland wieder ins Europaparlament zu führen, wird man sehen. Die Stimmung unter den Liberalen im Deutschen Zeitungsmuseum war in jedem Fall gefüllt mit der Zuversicht, dass die Saar-FDP nach vielen Nackenschlägen wieder in der Wählergunst steigt.