– auch das neuere Gutachten bestätigt Übergriffe in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
„Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass es ’nach Aktenlage keine Übergriffe‘ in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Homburger Uniklinik gegeben hat.“ Mit diesen Worten reagiert Astrid Schramm, die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Saarländischen Landtag, auf entsprechende Verlautbarungen des Homburger Uniklinikums und anschließende Medienberichte. „Nicht nur, dass schon 2014 eine Sichtung der Akten durch eine Oberärztin und den Chefarzt zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine auffällig hohe Zahl an Untersuchungen im Genital-und Analbereich ohne medizinische Notwendigkeit stattgefunden hat. Auch das neuere Gutachten bestätigt, dass es solche nicht notwendigen Untersuchungen gab, bei 34 untersuchten Patientenakten wurden immerhin 69 ‚nicht indizierte Untersuchungen‘ festgestellt. Wenn ein Arzt ohne Notwendigkeit wiederholt den Intimbereich von Kindern anfasst, ist das natürlich ein Übergriff. Vor allem aber erklärt die Gutachterin: ‚Es kann aus den vorliegenden Akten nichts darüber ausgesagt werden, wie die Untersuchungen durchgeführt worden sind.‘ Tatsächlich gibt es ja Zeugenaussagen, die auch in anderen Gutachten zitiert werden. Nach denen hat der Assistenzarzt ‚den Darmausgang bei Kindern ohne Handschuhe untersucht, ‘eine der Patientinnen ohne Handschuhe eingecremt‘ und ‚bei Ultraschalluntersuchungen die Kleidung der Kinder immer ganz nach unten geschoben habe, sodass das Genital frei gelegen habe‘. Die Gutachterin sagt eindeutig: ‚Sollten die … Angaben der Klinikmitarbeiter zutreffen, wäre das geschilderte Vorgehen sowohl aus hygienischen Gründen als auch aus medizinethischer Sicht zu beanstanden.‘ Immer wieder stellt die Gutachterin auch fest, dass die Dokumentationsführung ‚nicht vollständig‘ ist, (‚z. B. sind Untersuchungsprotokolle unvollständig‘, ‚Letztendlich konnte auch der Wahrheitsgehalt von Verlaufseintragungen nicht überprüft werden‘).
Wenn auch ein Gutachten auf Grundlage nicht vollständiger Akten zu dem Ergebnis kommt, dass eine Vielzahl von Untersuchungen im Genital- und Analbereich durchgeführt wurde, die in keinster Weise medizinisch notwendig waren und ausdrücklich sowohl auf unvollständige Akten als auch auf Zeugenaussagen verweist, kann man nicht zu dem Schluss kommen, dass ’nach Aktenlage keine Übergriffe‘ stattgefunden haben. Vielmehr bestätigt dieses Gutachten die Notwendigkeit intensiver Aufklärungsarbeit. Dass die Leitung des Uniklinikums wieder einmal vor allem an ihr Image und die Fallzahlen denkt und erneut versucht, sich reinzuwaschen, statt die Aufklärungsarbeit zu unterstützen, ist beschämend. Was die Verantwortlichen bis heute nicht verstanden haben ist, dass sie eine Verantwortung dafür haben, dass Kinder in ihrem Haus nicht benutzt, gequält oder zum Objekt irgendwelcher Begierden gemacht werden, sondern geschützt werden müssen.“