Um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen, fordert die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Bund, Länder und Kommunen dazu auf, deutlich mehr für die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden zu tun. „Viele Schulen, Ämter und Rathäuser wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren gebaut und haben nach heutigen Maßstäben eine katastrophale CO2-Bilanz. Wenn die öffentliche Hand nicht deutlich mehr in die energetische Sanierung investiert, werden staatliche Gebäude die Klimaziele bei Weitem verfehlen“, sagt IG BAU-Bundesvorsitzender Robert Feiger.
Der Gewerkschafter schlägt vor, die bundesweit 186.000 öffentlichen Gebäude einem „Klima-Check“ zu unterziehen. Vor allem Länder und Kommunen sollten Sanierungsfahrpläne für ihre eigenen Gebäude aufstellen und Bauten mit einer besonders schlechten Energiebilanz mit Priorität sanieren. „Der Staat hat eine wichtige Vorbildfunktion. Die Politik kann nicht energetische Standards immer weiter verschärfen und gleichzeitig die Sanierung eigener klimaschädlicher Gebäude verschleppen“, betont Feiger. Zwar sei die öffentliche Kassenlage wegen der Corona-Pandemie derzeit angespannt. Doch der Klimaschutz dulde keinen Aufschub.
Nach Angaben der staatlichen KfW-Bank wurden aus dem Bereich „kommunale und soziale Infrastruktur“ in den ersten neun Monaten des Jahres lediglich 105 energetische Gebäudesanierungen mit einem Volumen von 109 Millionen Euro gefördert. Zum Vergleich: Für energetische Sanierungsmaßnahmen privater Haushalte flossen im selben Zeitraum knapp 1,8 Milliarden Euro für rund 15.000 Projekte.
„Während bei der Sanierung von Bundesgebäuden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt wurden, bleibt die Sanierung von kommunalen Gebäuden – die den Großteil der öffentlichen Gebäude ausmachen – oft auf der Strecke“, so Gewerkschaftschef Feiger. Häufig mangele es den Städten und Gemeinden an nötigen Eigenmitteln.
„Wenn wir bei den energetischen Umbauten nicht rasch vorankommen, rückt das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, in immer weitere Ferne“, warnt Feiger. Nötig sei eine „Sanierungsoffensive“ von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Derzeit werde jährlich nur rund ein Prozent aller Gebäude klimagerecht saniert – obwohl sich die Bundesregierung eine Quote von zwei Prozent zum Ziel gesetzt hat. Eine Studie des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie im Auftrag der Klimabewegung „Fridays for Future“ geht davon aus, dass eine Sanierungsquote von vier Prozent nötig ist, um die Klimaziele noch zu erreichen.
Die Ziele der Bundesregierung sehen bis zum Jahr 2030 eine Reduzierung der Treibhausgase um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 vor. Der Gebäudesektor soll dann nur noch 70 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen – 43 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Nach einer Analyse des Bundesumweltamtes dürfte das Einsparziel für Gebäude nach aktuellem Stand jedoch um 17 Millionen Tonnen CO2 verfehlt werden.
Die Bauwirtschaft ist nach Einschätzung Feigers für einen deutlichen Ausbau der Sanierungsarbeiten gerüstet. „Allerdings sind auch die Arbeitgeber in der Verantwortung – viele Baufirmen müssen ihre Kapazitäten erhöhen und sich um Fachkräfte kümmern.“