(pe) Spätestens durch die Unbenennung der ihm gewidmeten Schule und Straße in der Trierer Innenstadt ist Paul von Hindenburg (1847-1934), letzter Reichspräsident der Weimarer Republik, als höchst umstrittene Persönlichkeit in den Fokus gerückt. Der im Ersten Weltkrieg berühmt gewordene Generalfeldmarschall gilt als ein Wegbereiter von NS-Diktator Adolf Hitler. Mit zwei Projekten greift nun die Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier die Debatte auf.
Aktueller Aufhänger für eine Ausstellung, die ab 7. November im Foyer der Bibliothek an der Weberbach zu sehen ist, sowie einen Podcast, ist ein Jahrestag: Am 11. Oktober vor 92 Jahren war der Politiker zu Gast in Trier. Die Vorgeschichte ist kompliziert: Hindenburg unternahm im Sommer 1930 eine große Reise durch das Rheinland. Dabei wurde die Befreiung von den französischen Truppen gefeiert, die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs weite Teile von Westdeutschland, darunter linksrheinische Gebiete inklusive Trier, besetzt hatten. Geplant war Hindenburgs Besuch in Trier für Ende Juli 1930, allerdings brach er die Reise kurz vor seiner Ankunft ab. Anlass war ein Unglück in Koblenz, wo am 22. Juli eine Brücke einstürzte. Rund 40 Menschen kamen ums Leben. Beim nachgeholten Trier-Besuch im Oktober 1930 wurde Hindenburg dann zum Ehrenbürger ernannt.
Neben der Ausstellung setzt sich Dr. Simone Fugger von dem Rech als Leiterin des Stadtarchivs in einem Podcast, der diese Woche aufgezeichnet wird, mit Paul von Hindenburg auseinander. Es ist bald online zu finden: www.volksfreund.de/thema/im-leben-nicht-der-ehrliche-trierer-podcast/. Die Ausstellung im Foyer bietet neben historischen Fotos zum Besuch im Oktober 1930 verschiedene Dokumente zu den aufwändigen organisatorischen Details. So wurde damals extra ein neues Goldenes Buch der Stadt hergestellt.
Fast 90 Jahre später, am 9. Juli 2020, beschloss dann der Trierer Stadtrat mit 29 zu 17 Stimmen bei vier Enthaltungen, die Hindenburgstraße umzubenennen. Die Mehrheit des Rates brachte so zum Ausdruck, dass Hindenburg kein ehrendes Gedenken seitens der Stadt Trier mehr zuteil werden soll. Er hatte am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Kurz darauf erließ er Notverordnungen, mit denen die Grundrechte und die Pressefreiheit im Deutschen Reich aufgehoben wurden. Hindenburg gilt somit als „Steigbügelhalter“ der Nazi-Diktatur.
In einem weiteren Beschluss hatte der Stadtrat 2020 Hindenburg auch die 1930 verliehene Ehrenbürgerwürde posthum aberkannt. Bereits 2009 war das an der gleichnamigen Straße gelegene Hindenburg-Gymnasium in Humboldt-Gymnasium umbenannt worden.
Um den Blick zu weiten und auch Diskussionen jenseits der historischen Reizfigur Paul von Hindenburg anzuregen, plant die Wissenschaftliche Bibliothek außerdem mit Blick auf zwei bevorstehende runde Jahrestage für 1923 die Themenreihe „Trier 1923 – 1933. Zehn Jahre zwischen Demokratie und Diktatur“.
Quelle: Stadt Trier