Das Großprojekt einer hochmodernen Chipfabrik im saarländischen Ensdorf steht kurz vor dem Scheitern. Der US-Konzern Wolfspeed hat seine Pläne für das 2,7-Milliarden-Euro-Projekt auf unbestimmte Zeit verschoben, während der Automobilzulieferer ZF seinen geplanten Investitionsanteil von 170 Millionen Euro zurückzieht.
Erst im Februar 2023 war das Projekt im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck groß angekündigt worden. Auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks sollte die weltweit größte Produktionsanlage für Siliziumkarbid-Halbleiter entstehen. Diese Spezialchips, die vor allem in Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen, gelten als besonders energieeffizient. Rund 1.000 Arbeitsplätze waren geplant.
Die stockende Entwicklung der Elektromobilität scheint nun zum Hauptgrund für das drohende Aus zu werden. Dies spiegelt sich auch im Aktienkurs von Wolfspeed wider, der in diesem Jahr um etwa drei Viertel eingebrochen ist. Während das Unternehmen in den USA eine neue Produktionsanlage mit staatlicher Unterstützung plant, liegt das deutsche Projekt auf Eis.
Die Grünen im Saarland sehen sich in ihrer frühen Kritik bestätigt. Deren Landesvorsitzende Jeanne Dillschneider verweist darauf, dass ihre Partei bereits im September auf Produktionsprobleme und Verluste bei Wolfspeed aufmerksam gemacht hatte. Die SPD-geführte Landesregierung habe die Warnzeichen ignoriert. Besonders kritisch sehen die Grünen, dass für das Projekt Mittel aus dem Transformationsfonds vorgesehen waren, die nun für andere Zukunftsinvestitionen fehlen.
Die Kritik geht jedoch tiefer: Sowohl Grüne als auch FDP werfen der Landesregierung eine verfehlte Wirtschaftspolitik vor. Diese setze zu einseitig auf Großinvestoren und Schwerindustrie, während Mittelstand und Start-ups vernachlässigt würden. Der FDP-Landesvorsitzende Oliver Luksic spricht von einem wirtschaftlichen Abhängen des Saarlandes „weil man auf die falschen Pferde setzt“.
Diese Einschätzung teilt auch der Ökonom Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Er sieht im drohenden Aus für die Chipfabrik einen Beleg dafür, dass Wettbewerbsfähigkeit nicht durch Subventionen erzwungen werden kann – besonders nicht in einer zyklischen Branche wie der Chipindustrie.
Das mögliche Scheitern des Wolfspeed-Projekts reiht sich in eine Serie von industriepolitischen Rückschlägen für das Saarland ein: Ford beendet die Produktion in Saarlouis, ZF plant einen massiven Stellenabbau, und auch die geplante Batteriefabrik von SVolt steht in Frage. Die Landesregierung hält zwar formal an ihren Förderzusagen für Wolfspeed fest, macht aber deutlich, dass Gelder nur bei konkreten Investitionen fließen werden. Wirtschaftsminister Jürgen Barke will in der kommenden Woche zu Gesprächen mit der Wolfspeed-Führung in die USA reisen.