Rund 50 Personen folgten der Einladung einer Gruppe Bürger aus der Karl-Marx-Straße, die am gestrigen Abend eine Bürgerinitiative gegen den Bau einer Tankstelle an der Auffahrt zur L126 in Neuweiler gründen wollte. Die Formalien waren schnell abgehandelt: Dirk Petzel wurde zum Sprecher, Lothar Arand zu seinem Stellvertreter und Nathalie Disch zur Schriftführerin gewählt.
Petzel formulierte denn auch die Ziele der Vereinigung: Verhinderung der Tankstelle und Umwidmung der Fläche, auf der das Bauvorhaben geplant ist, zu einer Grünfläche, so dass man dauerhaft von Versuchen der Stadt, das Gelände an Investoren zu verkaufen, geschützt sei. Er verwies auf die Probleme, unter denen die Bewohner insbesondere der Karl-Marx-Straße leiden: Das Industriegebiet rückt akustisch näher. „Als ich mein Haus kaufte, war zwischen der Möbelfundgrube und uns noch 20 Meter Wald. Heute befindet sich in fünf Meter Entfernung der LKW Parkplatz des Unternehmens, auf dem ab 6 Uhr morgens Betrieb herrscht.“ Und nun noch eine Tankstelle? „Dagegen werden wir uns mit allen Mitteln wehren.“
Das wird nicht mehr nötig sein, denn das Vorhaben ist vom Verwaltungschef, der zum Erstaunen Vieler an der Gründung der Bürgerinitiative teilnahm, abgeblasen worden. Die Begründung: Wenn die Bürger sich so massiv gegen das Projekt wenden, kann man es nicht umsetzen. Er habe deshalb dem Stadtrat schon in der Sitzung am 14.6. empfohlen, die Ablehnung des Vorhabens zu beschließen. Dem wird er zweifelsfrei folgen. Und Michael Adam setzte nun einen drauf: Er will nun auch vom Rat beschließen lassen, dass er anfragende Investoren für dieses Gelände in Zukunft direkt abweisen kann. Die SPD Vertreter Brandel und Hammerschmidt betonten zusätzlich, den Antrag auf Umwandlung der Fläche in eine Grünfläche im Rat zu stellen.
Also: Vorhaben abgewehrt – alles gut? Ganz offensichtlich nicht!
Einige Bürger fanden deutliche Worte für das Vorgehen der Verwaltung, ohne Veröffentlichung und Konsultationen Beschlüsse in nicht-öffentlichen Sitzungen zu fassen. Der Bürgermeister verwies auf die Gesetzeslage: Das KSVG bestimme, dass Grundstücksangelegenheiten eben nicht-öffentlich seien. Auf die Frage, was denn nun passiert wäre, wenn der Beschluss nicht vertagt, sondern gefasst worden wäre, antwortete der CDU Vorsitzende in Neuweiler, Uwe Frank, der ebenfalls unmittelbar von der Tankstelle betroffen gewesen wäre: Wenn der Bauauschuss es beschlossen hätte, dann wäre irgendwann gebaut worden.
Die Einbeziehung der Bürger ist nirgendwo vorgesehen. Michael Adam versicherte dass er selbstverständlich die Bürger mit einbezogen hätte und bemühte sich die Aussage seines Parteifreundes abzuschwächen: Der Stadtrat hätte dem Bürgermeister lediglich die Option erteilt das Grundstück zu verkaufen. Er hätte das nie ohne Einbeziehung der Anwohner getan und selbstverständlich hätte es für den Fall auch eine Bürgerversammlung gegeben.
Eine solche kündigte er übrigens schon einmal für ebenfalls in der nicht-öffentlichen Sitzung am 14. Juni vollzogenen Verkauf einer Grünfläche in Neuweiler-Mitte an. Ob die Bürger, die sich auch in dieser Angelegenheit überfahren fühlten, gegen eine Bebauung durchsetzen können, werden wir sehen.
In Sachen Tankstelle dürfte die bevorstehende Veröffentlichung von Auszügen der Stadtratsvorlage zur Sitzung am 14. Juni für Zündstoff sorgen. Leider konnten wir sie nicht einsehen. Und wir erhielten auch keine weiteren Auskünfte, da der Inhalt der nicht-öffentlichen Sitzung vertraulich bleiben muss. Es ist dem Vernehmen nach aber zu vermuten, dass die Verwaltung dem Rat den Verkauf und die Ansiedlung der Tankstelle in der Stadtratsvorlage ausdrücklich empfohlen hat. Um so verwunderlicher erscheint dann das Manöver, das dann am gestrigen Nachmittag folgte, als per Pressemitteilung dem Stadtrat die ausdrückliche Ablehnung des Tankstellenprojekts nahegelegt wurde. Ohne irgendeine Begründung…
Die Bürgerinitiative wird die Umsetzung ihrer Ziele trotz der plötzlichen Entwicklung weiter verfolgen. Am 28. Juni wird deshalb die zweite Tranche der Unterschriftensammlung gegen das Tankstellenprojekt im Rathaus übergeben. Dirk Petzel wird dann noch einmal zu den Stadträten sprechen und die Situation der betroffenen Bürger darstellen. Weitere Problemfälle in Neuweiler wurden während der Sitzung von Bürgern schon angesprochen. Es gibt offensichtlich genügend Potenzial für weiteres Bürgerengagement in Neuweiler.
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