Der Brief im Wortlaut:
„Liebe Saarländerinnen und Saarländer,
in diesen schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie wende ich mich als Ministerpräsident des Saarlandes an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, für die der Glaube ein wichtiger Teil ihres Lebens ist. Ich wende mich an alle Mitglieder und alle haupt- und ehrenamtlich Verantwortlichen der Religionsgemeinschaften im Saarland.
Es ist der saarländischen Landesregierung nicht leichtgefallen, die Kirchen, Synagogen, Moscheen, Gebets- und Versammlungsräume im Saarland für religiöse Feiern zu schließen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass wir unsere persönliche und religiöse Freiheit jemals so einschränken müssten. Ich bin mir bewusst, dass diese Maßnahmen ein tiefer Eingriff in die Religionsfreiheit sind. Umso größer sind mein Respekt und meine Anerkennung, dass in allen Religionsgemeinschaften im Saarland die gerade für gläubige Menschen schmerzhaften Schutzmaßnahmen so rasch umgesetzt wurden und auf ihre Einhaltung geachtet wird. Dafür danke ich Ihnen von Herzen!
Besonders danke ich Ihnen für die vielen kreativen Ideen und neuen Formen, um die Seelsorge, das Gebet und die Verbindung unter den Menschen auch in Zeiten der sozialen Distanzierung zu ermöglichen. Ich danke den Pfarrerinnen und Pfarrern, den Geistlichen, den Imamen und allen Verantwortlichen in den Religionsgemeinschaften, die in der Seelsorge und dem Gottesdienstangebot ganz neue Wege gehen müssen.
Ich danke allen ehrenamtlich engagierten Frauen und Männern, die sich zusammentun, um schnell und unkompliziert Nachbarschaftshilfe zu leisten, das Gemeindeleben in dieser Zeit aufrecht zu halten, Informationen aus der Gemeinde weiterzugeben oder das Streamen von Gottesdiensten zu ermöglichen. Hier tun sich gerade Jugendliche und junge Erwachsene mit großem Engagement hervor. Auch Ihnen allen sage ich „Herzlichen Dank“! Sie leisten damit in diesen schwierigen Zeiten einen unschätzbaren Beitrag dafür, dass wir uns als Gemeinschaft erleben können, in der einer für den anderen einsteht.
Besonders stolz bin ich darauf, dass sich die christlichen Kirchen in unserem Land, die Synagogengemeinde im Saarland und die Islamischen Religionsgemeinschaften darauf verständigt haben, jeden Abend um 19.30 Uhr zum Gebet aufzurufen. Das ist für mich ein starkes Zeichen des Zusammenhalts und ein hörbarer Beweis dafür, dass wir im Saarland solidarisch zusammenstehen – gleich welcher Religion wir angehören. Und es ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass Verbindung auch da wachsen kann, wo wir räumlich Abstand halten müssen.
Gerade für gläubige Menschen ist die Gemeinschaft als Ort des gemeinsamen Gebets und des Feierns von großer Bedeutung. Deshalb werden die nächsten Wochen vor allem für Christen, Juden und Muslime im Saarland eine besondere Herausforderung. Vor uns liegen Ostern, das Pessach-Fest und der Ramadan. Das sind religiöse Feste, die traditionell auch im Kreis der Familien gefeiert werden. Auch ich habe mich auf das Osterfest im Kreis meiner Familie gefreut. Das wird in diesem Jahr so nicht möglich sein.
Der Wegfall der religiösen und privaten Feiern ist für uns alle ein großer und schmerzhafter Verlust. Aber wir werden ihn mit Telefonaten und digitalen Begegnungen kompensieren können in dem Wissen, dass wir nur so die Ausbreitung des Virus eindämmen können. Wir bleiben zuhause, weil wir das schützen wollen, was uns wirklich wichtig: Die Liebe für die Menschen, die uns wichtig sind, und das Leben unserer Familien und Freunde.
Pessach, Ostern und Ramadan sind Feste der Hoffnung und der Ermutigung. Ich wünsche daher allen Christinnen und Christen, allen Jüdinnen und Juden und allen Musliminnen und Muslimen in unserem Land, dass Sie trotz der Beschränkungen etwas von der Hoffnung und der Kraft, die diesen Festen eigen ist, erleben und spüren. Unsere religiösen Feste – gerade weil wir sie in diesem Jahr anders begehen müssen – können uns so stärken in unserer Hoffnung, dass wir gemeinsam diese Krise bewältigen können.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, dass Sie gesegnet durch diese schwierige Zeit gehen.
Tobias Hans
Ministerpräsident des Saarlandes“