Der Stadtteil von Wadern, Löstertal ist eine Gruppierung von beschaulichen kleinen Ortschaften mit den Namen Buweiler, Kostenbach, Nieder-und Oberlöstern und Rathen. Das ist dort im saarländischen Hochwald, wo jeder jeden kennt und die Welt noch in Ordnung war. Hügelgräber sind Zeugen früher Besiedlung dieses Gebietes durch die Kelten (die sich im Grab herumdrehen würden, wenn sie wüssten, was heute mit ihrer einst so schönen Gegend geschieht.) Jetzt sollen im nahen Wald Windräder, die größer als der Kölner Dom sind, gebaut werden. Die Bürger sind besorgt, dass sich ihre Lebensqualität erheblich verschlechtern wird und leisten Widerstand. Sie haben jetzt eine Bürgerinitiative mit dem Namen Wenzelstein gegründet.
Saarnews hat sich mit dem Initiator der BI Herrn Günter Möcks unterhalten. Hier das Interview in voller Länge.
Saarnews:
- Warum gründen Sie eine Bürgerinitiative? Haben Sie kein Vertrauen zu den bestehenden Organen, wie Ortsrat-Stadtrat, Ortsvorsteher- Bürgermeister und oder meinen Sie, dass diese mit dem Projekt überfordert sind?
Günter Möcks:
- Bürgermeister und Stadtrat lassen sich bei ihren Überlegungen vorrangig davon leiten, dass ihre Planung „rechtssicher“ sein soll. Das schlägt sich in der überzogenen Größe der Vorrangfläche, die doppelt so hoch ist wie die in anderen Gemeinden zugrunde gelegte und gerichtlich anerkannte, und in zu geringen Abständen zur Wohnbebauung nieder. Das „Sicherheitsbedürfnis“ von Bürgermeister und Stadtrat ist also sehr stark entwickelt und darunter leiden die Interessen der Bürger. Bürgermeister und Stadtrat stützen sich auf das Gutachten der Firma agsta-UMWELT. Deren Ausgangsdaten sind überholt. Sie gehen von Windräder mit einer Gesamthöhe von 200 m aus. Der potentielle Betreiber plant aber bereits Windräder mit einer Höhe von 230 m. Deren Geräuschemission und Schattenwurf mit ihrer Auswirkung auf die Gesundheit der Anwohner sind entsprechend nicht ausreichend berücksichtigt. Planung ist auf Zukunft ausgelegt. Was wenn die Technik noch höhere und stärkere Windräder zulässt. Schon jetzt sind die durch die Stadt geplanten Abstände zur Wohnbebauung zu gering. Wir fordern deswegen in unserer Resolution an den Stadtrat einen Abstand von 1200 m. Erst nach 160 Einwendungen betroffener Bürger gegen die Planung der Stadt beginnt die sich zu bewegen. Es war also dringend erforderlich, dass die Bürger sich organisierten und die “Bürgerinitiative Wenzelstein“ gründeten.
Saarnews:
- Haben Sie das Gefühl oder Anhaltspunkte, dass der Windkraftbetreiber im Hintergrund mit unfairen Mitteln versucht, die Entscheidung des Stadtrates zu manipulieren?
Günter Möcks:
- Der potentielle Betreiber verfolgt seine monetären Interessen, die sich mit Millionen Euro beziffern lassen. Die Verlockungen für die Stadt Wadern bestehen darin, dass auf Gewerbesteuer – Einnahmen verwiesen wird. Aufgrund der Organisationsstruktur des potentiellen Betreibers werden diese aber möglicherweise gar nicht bei der Stadt Wadern anfallen – ganz abgesehen davon, dass mit Projektstart die „Verluste“ die Steuerschuld gegen Null drücken dürften. Der potentielle Betreiber bietet darüber hinaus an, Planung und Planungskosten für die Stadt zu übernehmen. Wie praktisch. Warum erinnert mich das alles an das Sprichwort vom „Bock und dem Gärtner“ und die Geschichte „der Eroberer mit den Glasperlen und den Eingeborenen mit dem Gold“? Aber es gibt noch einen weiteren Akteur. Der Saar-Forst (Zuständigkeitsbereich Umweltminister Jost), der sich um den „Bürgerwald“ bekümmern soll, verramscht diesen. Für ein paar Euro Pacht bietet er seine Waldflächen wie „Sauerbier“ an und beraubt die Löstertaler ihres Naherholungsgebietes.
Saarnews:
- Sind Sie grundsätzlich gegen die Nutzung der Windkraft oder nur gegen Windkraftanlagen im Wald oder nur gegen Windkraftanlagen vor ihrer Haustür?
Günter Möcks:
- Windkraft ist eine entwicklungsfähige Technologie. Da sie aber bisher nicht grundlastfähig ist – die Frage also nicht beantwortet wird wo der Strom herkommen soll wenn Windstille herrscht – sollte ihr weitere Ausbau gestoppt werden, bis die Frage nach Speichermöglichkeiten gelöst ist. Bisher produzieren wir zu viel Strom, der die Netze überlastet und den wir ins Ausland „verschenken“. Um die durchgehende Stromversorgung sicherzustellen müssen wir die „Ausfall-Bürgen“ konventionelle Kraftwerke und Atomkraftwerke vorhalten oder von diesen aus dem Ausland Strom beziehen. Die Perversion liegt darin, dass mit jedem weiteren Windrad die Laufzeit von Cattenom verlängert wird. Ganz zu schweigen davon, dass der natürliche CO2 Speicher Wald dem potentiellen CO2-Verhinderer Windkraft geopfert wird. Also: keine Windräder über Wald – ist Klimaschutz. Ja, mich stören Windräder hinter meinem Garten auf dem Wenzelstein, wenn sie nicht wie in Bayern nach der 10 H Regel das Zehnfache ihrer Höhe von meinem Haus entfernt stehen. Noch mehr stören sie mich, wenn sie ökonomisch unsinnig in einer Schwachwindzone wie dem Wenzelstein stehen. Das hat nämlich zur Folge, dass die EEG-Umlage, die ich mit meiner Stromrechnung bezahle, beständig steigt. Freuen können sich nur die Windradbetreiber über die überhöhte Einspeisevergütung aus dieser Umlage, die ihre Gewinne steigen lässt.
Soweit das Interview mit Günter Möcks. Er hat eine offensichtlich eine starke Mannschaft um sich herum versammeln können. Volle Parkplätze und gedrängte Platzverhältnisse im Schützenhaus in Rathen zeugten von einem großen Interesse der Bevölkerung.
Interessante Redebeiträge wurden beigesteuert und werteten die Gründungsveranstaltung auf:
Nach dieser enormen Unterstützung ist es sehr unwahrscheinlich, dass Günter Möcks mit seiner Bürgerinitiative Wenzelstein das gleiche Schicksal erfährt, wie dem Held im Roman von Miguel de Cervantes: Hier ein Ausschnitt:
Sancho Pansa versuchte den edlen Ritter Don Quichotte noch aufzuhalten, als dieser die Windmühlen als seinen Feind ausgemacht hatte und seinem Pferd Rosinante die Sporen gab und angriff.
„Halt“, schrie Sancho Pansa hinterher, „das sind doch nur Windmühlen.“
„Unfug“, brüllte ihm Don Quichotte über den Rücken zu, „Riesen sind’s und gleich wirst du sehen, wie sie vor mir kuschen.“
So stürmte er mit angelegter Lanze auf eine Windmühle los. Gerade da kam eine starke Windböe auf, so dass sich die Flügel schneller drehten. „Zack“ zerbrach die Lanze, „Wusch“ bekam der tapfere Kämpfer eine Ohrfeige, und „Rumms“ riss es ihn vom Pferd, so dass er noch ein paar Meter über den steinigen Felsboden rollte.
Auch die BI Wenzelstein wird sich auf einen übermächtigen Gegner einstellen müssen.
Im November 2016
Rainer Kuhn