Saarbrücken. Nach fünf Jahren Amtszeit von Oberbürgermeister Uwe Conradt zieht die BUND-Ortsgruppe Saarbrücken eine kritische Halbzeitbilanz. Während ambitionierte Ziele wie Klimaneutralität, nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilitätswende gesetzt wurden, sieht der BUND erhebliche Defizite bei der Umsetzung. Die Ortsgruppe fordert eine entschlossenere zweite Amtszeit, um Saarbrücken zukunftsfähig zu machen.
Klimaneutralität: Große Ziele, geringe Fortschritte
Obwohl die Stadt in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie die Bedeutung von Klimaschutz anerkannt hat, bemängelt der BUND die fehlende Geschwindigkeit bei der Umsetzung. Das aktuelle CO₂-Budget ist laut BUND bereits überschritten, und die Maßnahmen reichen nicht aus, um die angestrebte Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen.
Der Verband kritisiert insbesondere den Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und wirtschaftlichen Interessen. So werden weiterhin Bauprojekte wie Waldrodungen an der Universität oder an der Balthasar-Goldstein-Straße am Flughafen vorangetrieben, die nicht nur Grünflächen zerstören, sondern auch Hochwasserrisiken in Brennpunktgebieten wie Fechingen und Brebach erhöhen.
Baumfällungen und nachhaltige Stadtentwicklung
Seit Amtsantritt von OB Conradt wurden nach BUND-Berechnungen etwa 40 Hektar Wald gerodet. Der Antrag auf ein Baumfällmoratorium blieb unbeantwortet. Stattdessen fordert der BUND die Nutzung bestehender Leerstände, etwa durch ein Leerstandskataster und Beratungen für Eigentümer, um Neubauten auf Grünflächen zu vermeiden.
Schulen, Mobilität und Lärmschutz
Der BUND sieht ebenfalls Nachholbedarf bei der energetischen Sanierung von Schulen. Ein Beispiel ist die Grundschule Hohe Wacht, bei der veraltete Fenster und Heizungen weiterhin im Einsatz sind. Der Verband stellt infrage, ob die Mittelverwendung zugunsten anderer Projekte, etwa der Rasensanierung im Ludwigsparkstadion, mit der Prioritätensetzung vereinbar ist.
Die Mobilitätswende verläuft laut BUND schleppend. Der Ausbau von Radverkehrsanlagen und der ÖPNV-Infrastruktur wird als unzureichend bewertet, während PKW-Dichte und Saarbahn-Ausfälle die Verkehrswende behindern. Auch die angekündigten Lärmschutzmaßnahmen an der A 620 seien bislang nicht ausreichend umgesetzt.
Klimafolgenanpassung und Energiewende
Aufgrund der Hochwasserschäden im Mai 2024 fordert der BUND die Einrichtung eines Klimafolgenanpassungsfonds in Höhe von fünf Millionen Euro im Haushalt 2025. Dieser soll Maßnahmen wie Hochwasserschutz und die Ausstattung von Pflegeeinrichtungen mit Klimaanlagen finanzieren.
Auch bei der Energiewende sieht der Verband Nachholbedarf: Der Solarausbau sei zu langsam, und der Einsatz von Wasserstoffbussen, die aktuell noch mit fossilem Erdgas erzeugt werden, sei kein ausreichender Beitrag zur Reduktion fossiler Energieträger.
Perspektiven und Beteiligung
Der BUND fordert die Einrichtung eines Klimarates, um die Bevölkerung stärker in die Klimaschutzpolitik einzubinden und die demokratische Kultur in der Stadt zu fördern. „Klimaschutz und effektive Anpassungsmaßnahmen sind keine freiwillige Aufgabe, sondern eine unabdingbare Voraussetzung für eine gute Zukunft in Saarbrücken“, so die Ortsgruppe.
Die zweite Amtszeit von OB Conradt müsse genutzt werden, um die Versäumnisse aufzuholen und konkrete Maßnahmen umzusetzen. Der BUND signalisiert dabei weiterhin seine Bereitschaft zur konstruktiven Unterstützung.