Rund ein Jahr nach dem Start im August 2020 ist das Modellprojekt „Caritas-Familienbüros“ eine stark nachgefragte Anlaufstelle. In einer Zwischenbilanz des auf zwei Jahre angelegten Projektes hob Professor Dr. Petra Mund von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB), die das Projekt wissenschaftlich begleitet, den Nutzen für Familien hervor: Die Beraterinnen in den Familienbüros in Andernach/Pellenz, Mayen, Sulzbach und im Rhein-Hunsrück-Kreis unterstützen Familien dabei, ihre sozialrechtlich verankerten Ansprüche auf familienpolitische Leistungen wahrzunehmen. Dadurch helfen sie, bürokratische Hürden abzubauen. Auf der Basis dieser Erkenntnisse fordern die Hochschule und die Caritas: „Familienbüros müssen als eigene Form der Beratungseinrichtung verstetigt und eine dauerhafte Finanzierung gesichert werden.“
Die Familienbüros sprechen Menschen an, die nicht den Weg zur zuständigen Behörde finden. Sehr wichtig ist hier das Angebot der persönlichen Beratung: Ratsuchende sind nicht auf Onlineportale angewiesen, sondern können im Gespräch Hilfe finden. Diese Beratung konnte auch unter den Corona-Auflagen weitgehend aufrechterhalten werden. „Wir informieren, motivieren und beraten“, fasst Projektleiterin Dr. Martina Messan, Stabsreferentin für Sozialpolitik im Diözesan- Caritasverband Trier, das Angebot zusammen. Die als Zwischenbilanz durchgeführte Befragung von Beraterinnen und Ratsuchenden belegt, dass viele Familien über die ihnen zustehenden Leistungen nicht informiert sind oder aber, wenn sie Leistungen in Anspruch nehmen wollen, an der Komplexität der Anträge scheitern. „Viele Familien in prekären materiellen Verhältnissen sind von den Anforderungen des Alltags schon erschöpft und erleben das Antragsverfahren als so kompliziert, dass sie irgendwann aufgeben“, so Dr. Messan. Andere Familien, die in verdeckter Armut leben, schämen sich, die Anträge auf Wohngeld, Kinderzuschlag oder Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket überhaupt zu stellen. Sehr oft suchen auch Migrantenfamilien die Familienbüros auf, da sie sprachlich nicht mit den Anforderungen zurechtkommen.
Am vergangenen Dienstag wurde in einer Pressekonferenz in der GWA Sulzbach Zwischenbilanz gezogen. Nach einer kurzen Begrüßung durch Frau Anton-Wachall, Leiterin der sozialen Dienste des Caritasverbandes Saarbrücken und einem Grußwort der ersten Beigeordneten Mary-Rose Brahmer, stellte Herr Bernward Hellmanns, Stabsreferent Sozialpolitik im Diözesanverband Trier, die Zwischenergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung durch die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin vor. Sehr anschaulich waren dann die ergänzenden Praxisbeispiele von Herr Andreas Neumüller und Frau Stefanie Schmidt der GWA Sulzbach.
Ganz aktuell zum Schulbeginn kamen massenhaft Fragen auf zur Bücherausleihe.
Die Anträge, die ausgefüllt werden müssen sind sehr komplex und beinhalten Begrifflichkeiten und Formulierungen, die teilweise schwer verständlich sind, nicht nur für ausländische Mitbürger*innen: “Antrag auf Gewährung der Freistellung von der Zahlung des Leihentgelts im Rahmen der Schulbuchausleihe nach dem Schülerförderungsgesetz.“ so die Überschrift des Formulars.
Ein sehr guter Kontakt besteht glücklicherweise mit den Schulen und den Behörden, so daß aufkommende Fragen meist schnell geklärt werden können. Denn oftmals ist es nicht mit einer Antragsstellung aller möglichen Antragsarten getan.
Man bekommt erstmal einen Bescheid, in dem evtl. weitere Unterlagen gefordert werden mit Fristsetzungen. Bei mehrfachen Schriftwechseln ist der Antragssteller durchaus entmutigt und gibt auf, wenn er nicht dementsprechend begleitet wird.
Da ist es nicht verwunderlich, daß nur ca 35 % der Berechtigen die Leistungen auch tatsächlich in Anspruch nehmen.
In allen Fällen ist Hilfestellung und Orientierung notwendig, oft auch eine Vermittlung an weitere Caritas-Hilfeangebote wie zum Beispiele den Allgemeinen Sozialen Dienst, die Schwangeren- oder Migrationsberatung.
Neben der konkreten „Hilfe zur Selbsthilfe“ für die Familien ist die Armutsprävention das Ziel des Modellprojektes: Auf der Basis der wissenschaftlichen Begleitforschung werden Handlungsoptionen für die Politik entwickelt.
Das Modellprojekt Familienbüros wird gefördert von der „Stiftung Menschen in Not – Caritas-Stiftung im Bistum Trier“.