Konzertreise nach Österreich
Das Blieskasteler Collegium Vocale Blieskastel feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Der Auftakt der Veranstaltungen im Jubiläumsjahr wird am 22. März 2020 um 16 Uhr in der Blieskasteler Schlosskirche sein. Zur Aufführung kommt Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion. Diese ist neben der Matthäus-Passion die einzige vollständig erhaltene authentische Passion von Johann Sebastian Bach. Sie ergänzt den Evangelienbericht nach Johannes von der Gefangennahme und Kreuzigung Jesu Christi durch Choräle und frei hinzugedichtete Texte und gestaltet ihn musikalisch in einer Besetzung für vierstimmigen Chor, Gesangssolisten und Orchester. Das etwa zwei Stunden dauernde Werk, das heute meist als Konzertmusik aufgeführt wird, hat seinen ursprünglichen Platz jedoch im Gottesdienst und wurde am Karfreitag, dem 7. April 1724, in der Leipziger Nikolaikirche uraufgeführt.
Bereits eine Woche danach – am 29. März 2020 – gestaltet das Blieskasteler Ensemble einen Evensong in der Pfarrkirche St. Sebastian Püttlingen. Bereits seit der Chorreise zum 25-jährigen Jubiläum nach England gestaltet der Chor regelmäßig Evensongs. Diese Form des Gottesdienstes stammt aus der anglikanischen Kirche und ist seit tausend Jahren nahezu unverändert erhalten geblieben. Wie das Wort Evensong sagt, gehört diese Andacht in die Abenddämmerung. Wenn die ersten drei Sterne am Himmel sichtbar werden, beginnt mit der Nacht eine neue Zeit. An dieser Schwelle kommen Christen zusammen, um den alten Tag zu verabschieden, um ihren Frieden zu machen mit dem, was gewesen ist, und um sich innerlich zu reinigen für das, was kommt. „Even“ meint einerseits den Abend als Zeit nach dem Tag. Zugleich steckt im Wort Even das Bild der Ebene, das Ausgleichende, was die Dinge ins Gleichgewicht bringt. In diesem doppelten Sinn lädt der Evensong ein, die Seele auspendeln zu lassen, sich zu lösen vom Gewesenen und sich zu besinnen auf das Geschenk eines neuen Tages. „Song“ heißt diese Andacht, weil die Liturgie geprägt ist vom Gesang. In alter Sitte ehrte man das Wort Gottes auch dadurch, dass man nicht einfach die Bibel aufschlug und Texte der Heiligen Schrift wie gewöhnliche Worte vorlas, man bettete sie vielmehr in Gesang. Zum Choral Evensong gehört der Chor genauso wie das Lied der zur Andacht versammelten Gemeinde.
Am 17. Mai dieses Jahres folgt dann die Aufführung von Haydns „Die Schöpfung“ in der Blieskasteler Schlosskirche. Das Oratorium „Die Schöpfung“ stellt nicht allein einen Höhepunkt in der kompositorischen Laufbahn Joseph Haydns dar, sondern markiert gleichzeitig eine maßstabsetzende Zäsur in der Geschichte des Oratoriums überhaupt. Auf der Wende zum 19. Jahrhundert brach Haydn mit der traditionellen Vorherrschaft der Arien, räumte dem Chor eine deutlich größere Bedeutung ein und ebnete so den Weg zu einem neuen Chor-Oratorium – eine der maßgeblichen Säulen des aufstrebenden bürgerlichen Konzertlebens. Die Handlung ist nach Händelschem Vorbild dreigeteilt. Der erste Teil schildert mit der Erschaffung der Erde, der Pflanzen und des Firmaments die ersten vier Tage der Schöpfung, im zweiten Teil kommen die Geschöpfe hinzu. Der dritte Teil thematisiert das Leben der ersten Menschen Adam und Eva und gipfelt – und damit das gesamte Oratorium – in zwei abschließenden großen Lob- und Dankeschören.
Vom 13. bis 18. Oktober steht dann die Chorreise zum 30-jährigen Bestehen nach Österreich an. Diese führt die Sängerinnen und Sänger nach Linz und in das bekannte Kloster Wilhering, eines der bedeutendsten Klöster in Österreich.
Nach der Aufführung mehrerer Familienkonzerte des Saarländischen Rundfunks in Saarbrücken und Kaiserslautern kehrt das Collegium Vocale Blieskastel wieder mit der Aufführung von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium an die Blieskasteler Schlosskirche zurück.
Dieses Konzert führt dann das Blieskasteler Ensemble zurück zu seiner Entstehung. Denn genau vor 30 Jahren traten in der Blieskasteler Schlosskirche die Sängerinnen und Sänger mit dem Weihnachtsoratorium zum ersten Mal an die Öffentlichkeit und wurden bereits damals mit höchstem Kritikerlob bedacht. Die Vertonung der biblischen Weihnachtsgeschichte zählt durch die festliche Instrumentierung mit Orchester, Pauken und Trompeten sowie den zahlreichen Solisten zu den schönsten der Musikgeschichte. Den Chorälen des Weihnachtsoratoriums kommt besondere Bedeutung zu. In jedem Teil sind mindestens zwei zu hören – nicht nur als schlichte vierstimmige Harmonien, sondern auch als Schlusschöre mit instrumentalen Zwischenspielen. Trotz sorgfältiger Aufbereitung der Handlung des Evangeliums betont das Oratorium eher besinnliche als dramatische Aspekte. Für die Aufführung verlangt Bach eine größere Zahl von Vokal- und Instrumentalsolisten, je einen Sopran-, Alt-, Tenor- und Bass-Solisten, dazu drei Trompeten, Pauken, zwei Flöten, vier Oboen, ein Fagott und ein Orgelpositiv, ein Streichorchester, sowie einen vierstimmigen gemischten Chor, den das Blieskasteler Collegium Vocale natürlich an diesem Abend übernehmen wird.
Die Gründung des Collegium Vocale Blieskastel vollzog sich im August 1990 in der Blieskasteler Orangerie. Gründer und auch noch heutiger Leiter ist Christian von Blohn, der 1990 noch Organist und Chorleiter an der Blieskasteler Schlosskirche war. Heute ist er Dekanatskantor und Organist an den Kirchen St. Josef und St. Hildegard in St. Ingbert und Leiter des dortigen Bischöflichen Institutes für Kirchenmusik im Bistum Speyer.
Seit der Gründung folgten eine Reihe von Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, sowie Konzerte im In- und Ausland. Die Übertragung der bundesweit ausgestrahlten Sendung „Laudate“ in der ARD oder der Fernsehgottesdienst im ZDF war für die Sängerinnen und Sänger ebenso interessant wie die Konzerte in Frankreich (Paris), der Schweiz (Lausanne), Italien (Siena) oder England (Winchester und Westminster Kathedrale in London). Unvergesslich bleiben auch die Konzertreisen nach Norddeutschland oder an den Bodensee. Auf Einladung der Saarländischen Landesvertretung in Berlin stattete der Chor auch der Hauptstadt Berlin einen Besuch ab und gestaltete dort gleich drei Konzerte. Zahlreiche Rundfunkaufnahmen (unter anderem: „Singendes klingendes Dreiländereck“) waren ebenso Höhepunkte wie die Aufführungen im Speyerer Dom, in der benachbarten Pfalz und im ganzen Saarland. Besonders häufig trat das Ensemble natürlich im Saarpfalzkreis auf.
Das Collegium Vocale Blieskastel ist ein stimmlich ausgeglichenes Ensemble, das zurzeit etwa fünfzig Mitglieder zählt. Die Literatur umfasst Werke aus den unterschiedlichsten Epochen – von der Renaissance bis zur Moderne. So gehört nicht nur das „Weihnachtsoratorium“ von J. S. Bach zum Repertoire, sondern auch die „Johannes-Passion“, die „Matthäus-Passion“ und das „Magnificat“. Auch Mozarts „Krönungsmesse“, sein „Te Deum“, Haydns „Schöpfung“, die „Nelson“- und „Cäcilienmesse“ oder die Requien von Fauré, Brahms, Mozart und Verdi waren im Laufe der 30 Jahre schon zu hören. Aber nicht nur große oratorische Werke stehen auf dem Programm. Jedes Jahr gestaltet das Ensemble die sogenannten „ a-cappella-Konzerte“, bei denen der Chor ohne Begleitung singt. Hier waren Komponisten wie Rachmaninow, Bach, Bruckner, Palestrina, Schütz, Mendelssohn und John Rutter vertreten. Der Chor singt dabei nicht nur vierstimmige Werke, sondern auch doppelchörige, bis hin zu 40-stimmiger Chorliteratur. Die Kritiken attestieren dem Chor ein hohes Leistungsniveau.
Nähere Informationen zum Chor unter: www.collegium-vocale-blieskastel.de