Ein Kommentar von Claus Kuhn
Schon vor einigen Wochen veröffentlichte die saarländische Landesschülervertretung eine bemerkenswerte Pressemitteilung, die sich mit der Frage befasste, worin denn eigentlich die Legitimation einer Kultusministerkonferenz liege: „Doch wer kontrolliert die KMK und ihre Beschlüsse? Wer berät sie?“. Eine interessante wie berechtigte Frage, denn in diesem Gremium werden Beschlüsse gefasst, die Folgen für Millionen von Menschen haben, ohne dass Parlamente oder sonst irgendwer Einfluss darauf haben könnte.
Die gleiche Situation finden wir nun bei der Ministerpräsidentenkonferenz. Die bot unabhängig von der nicht gegebenen verfassungsrechtlichen Verankerung noch ein geradezu lächerliches Schauspiel. Schon Tage vor der gestrigen Verkündung durch Bundeskanzlerin Merkel sickerte stückchenweise durch, was künftig in Deutschland noch stattfinden darf oder eben nicht. Darf man sich jetzt mit der Familie zu zehnt an Weihnachten treffen oder nur zu fünft? Welcher Wirtschaftszweig wird als nächstes einer Pleitewelle ausgesetzt?
Darf man so mit einer Bevölkerung umgehen? In Hinterzimmern werden die neusten Grundrechtsbeschränkungen ausgeheckt und dann nach einer Onlineschalte dem matten Volk präsentiert. Offensichtlich kein Problem. Die Legitimation liegt bekanntlichermaßen im § 28a des Infektionsschutzgesetzes in Verbindung mit Artikel 80 GG. Grundrechtseinschränkungen per Verordnung sind möglich, nach der neusten Novellierung bis zu 4 Wochen, danach aber in weiteren 4 Wochen Etappen bis Ultimo verlängerbar. Dies ist von der Verfassung gedeckt. Allerdings wird nicht nur von Juristen mittlerweile gefordert, dass dringend der Parlamentsvorbehalt in das Gesetz eingebracht werden sollte. Denn die „Grundrechtseinschränkung“ dauert nun schon seit März, ein Ende trotz baldiger Impfstoffzulassung, ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, sie wird nun mit den nun kommenden Verordnungen drastisch verschärft. Viele Eltern werden an Weihnachten darüber entscheiden müssen, welche Kinder, Enkel und deren Lebenspartner*nnen am Weihnachtsabend willkommen sind und welche nicht. Ein toller Einfall der Bürokraten!
Formal ist aber alles richtig. Aber richtig ist es eben nicht und „recht“ schon gar nicht. Denn der Staat mischt sich in unangemessener Weise in Dinge ein, die ihn einfach nichts angehen. Keine Staatsmacht hat etwas bei Familienfeiern zu suchen und Kontrollen durchzuführen, wie viele „berechtigte“ Personen sich in einem Haus befinden und wer überzählig ist in einer Familie. Im Gegenteil: Gegen entsprechendes Denunziantentum sollte man vorgehen. Und zwar drastisch.
Es ist eine Rückwärtsentwicklung im demokratischen Denken festzustellen. In einer Demokratie sollte es selbstverständlich sein, dass die gewählten Volksvertreter über einschneidende Maßnahmen debattieren und entscheiden. Vor allem über diese. Über Straßenbau und Ladenöffnungszeiten und ganz viele andere, im Vergleich aber eben weit unbedeutendere Angelegenheiten dürfen sie ja auch abstimmen.
Ob dabei angesichts der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse andere Beschlüsse herauskämen, liegt natürlich im Bereich der Spekulation. Aber die Regierungen müssten immerhin rechtfertigen, warum sie diese oder jene Branche in den Ruin schicken und dafür andere nicht.