Warum nutzt die Stadt St. Ingbert nicht die Alleinstellungsmerkmale ihres Hausberges?
Wer als Kind die Volksschule zu einer Zeit besucht hat in der Heimatkunde noch auf dem Stundenplan stand, hat in diesem Fach auch einiges über den „Stiefel“ erfahren, der schon seit fast ewigen Zeiten als der Hausberg der Stadt St. Ingbert gilt.
Die heutigen Omas und Opas lernten den „Stiefel“ zusätzlich bei sonntäglichen Familienausflügen aus nächster Nähe kennen und bekamen bei dieser Gelegenheit so manche Geschichte über den grausigen Riesen erzählt, dessen versteinerter Fuß immer noch aus der Erde ragt.
Als vor einigen Jahren in der vierten Klasse einer St. Ingberter Grundschule die Frage gestellt wurde wer von den 24 Kindern schon einmal auf dem „Stiefel“ war und etwas über dessen Geschichte erzählen könne, meldeten sich nur zwei Buben zu Wort, die bei einem Ausflug mit ihren Großvätern den Stiefel kennengelernt hatten. Daraus den Schluss zu ziehen, dass die St. Ingberter innerhalb weniger Jahrzehnte das Interesse an ihrem Hausberg verloren haben, wäre etwas verfrüht, wenn die in jüngster Zeit erfolgte Schließung der Stiefeler Wanderhütte diese Vermutung nicht bestätigen würde.
Die Stadt St. Ingbert ist schon seit einigen Jahren ständig bemüht sich als Biosphären-Stadt und als Stadt der Nachhaltigkeit zu profilieren. Bei diesen Bemühungen ist aber offensichtlich das Interesse an der eigenen Geschichte etwas in den Hintergrund geraten. Denn anders lässt es sich nicht erklären, dass die Stadtverwaltung und auch die Kommunalpolitiker die mit dem Stiefel eng verbundene St. Ingberter Vergangenheit vernachlässigen. St. Ingbert besitzt nämlich mit dem Stiefel einen historischen Schatz, der für die gesamte Bundesrepublik sogar ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen dürfte.
Bekanntlich gilt der Mönch Ingobertus, der am Ende des 6. Jahrhunderts im Bereich des heutigen alten Friedhofes gelebt haben soll, als der Gründer der Stadt St. Ingbert.
Tatsächlich besiedelt wurde der Bereich der heutigen Stadt St. Ingbert bereits in der Mittleren Steinzeit (8000 – 4000 vor Christus) und zwar vornehmlich auf dem Bergkamm des „Stiefels“.
In der nachfolgenden Eisenzeit entstand auf dem Stiefel sogar eine Befestigungs-anlage deren Überreste heute noch zu erkennen sind.
Auch die Kelten und Römer ließen sich auf dem Stiefel nieder, der damals eine wichtige strategische Bedeutung besaß.
Die Reste eines Wachturmes, der im frühen Mittelalter auf dem Stiefel errichtet wurde, sind heute noch zu erkennen, verfallen aber immer mehr.
Im Ersten Weltkrieg stürtzte eine deutsche Militärmaschine zwischen dem Großen und dem Kleinen Stiefel ab.
Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurde auf dem Stiefel ein Westwallbunker errichtet, der nach Kriegsende gesprengt wurde.
Der Stiefel weist also eine Siedlungs- und Befestigungsgeschichte auf, die über mehrere Jahrtausende reicht.
Das dürfte sogar in der gesamten Bundesrepublik ein Alleinstellungsmerkmal sein, das leider, wie die jüngste Entwicklung zeigt, in St. Ingbert vernachlässigt wird.