StartFeatureDie einrichtungsbezogene Impfpflicht gerät in die Diskussion

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gerät in die Diskussion

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Rücken die saarländische Fraktionen allmählich von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab? Die CDU hatte Herrmann Scharf aus dem St. Wendeler Land in die Landespressekonferenz entsandt. Scharfs Parteikollege Udo Recktenwald und Landrat in St. Wendel hatte zuvor gewarnt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht einzuführen. Sie spalte die Gesellschaft. Herrmann Scharf brachte es zwar nicht zu Ausdruck, doch er scheint weniger die Einführung der Impfpflicht selbst, die er befürwortet, als die Umsetzung zu kritisieren. Die Kreise seien nicht in der Lage, die Vorgaben zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu erfüllen. Viele Pflegekräfte warten auch auf den Totimpfstoff. Deshalb müsse die Bundesregierung Antworten auf die Fragen finden.

Jochen Flackus, Fraktion DIE LINKE: Wir sind gegen eine generelle Impfpflicht. Die CDU schwingt auf einen vernunftgetriebenen Kurs ein. Die Debatte muss auf ein Ausstiegsszenario konzentriert werden. Wir sollten auch mehr Gedanken darauf aufwenden, uns darum zu bemühen, dass nicht mehr Menschen aus den Gesundheitsberufen fliehen. Auch die Digitalisierung muss im Gesundheitswesen vorangetrieben werden.

Ulrich Commerçon (SPD), zeigte sich sehr darüber verwundert, wie schnell sich die Position der CDU bzgl. der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ändere. Gesundheitsstaatssekretär Stefan Kolling habe noch vor einer Woche den Einrichtungen sogar mit empfindlichen Strafen gedroht. Er machte deutlich: „Ich halte das für völlig unverantwortlich.“ Diejenigen, die das Feuer selbst gelegt hätten, riefen nun nach der Feuerwehr. Für weitere Lockerungen sehe er keinen Spielraum. Verschwinden müssten allerdings unnötige Regelungen wie die Einschränkungen im Privatbereich und die Nachverfolgung in der Gastronomie, die ohnehin nicht aufrechterhalten bliebe.

Josef Dörr von der AfD konstatierte: Gesundheitsämter sind überfordert. Seine Partei sei ohnehin gegen den Impfzwang und gehe auch davon aus, dass es keinen geben werde.

Die Fraktionsvorsitzende der Fraktion Saar-Linke, Barbara Spaniol, äußerte zu dem Thema: „Wir waren von Anfang an gegen die einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Das ist der absolut falsche Weg. Durch den Druck verlassen viele Menschen diesen Berufszweig. Es ist eine absolute Schikane.“

Unterdessen meldeten sich die Landräte der anderen fünf Kreise im Saarland:

Mit großem Unverständnis haben der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer, der Neunkircher Landrat Sören Meng, Regionalverbandsdirektor Peter Gillo und Dr. Theophil Gallo, Landrat des Saarpfalz-Kreises, die Kritik des St. Wendeler Landrates Udo Recktenwald an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zur Kenntnis genommen. Diese gilt ab dem 16. März 2022 in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. „Udo Recktenwald spricht damit nicht für die Mehrheit der saarländischen Landräte“, betont Patrik Lauer, der auch Vorsitzender des Landkreistages Saarland ist.

Udo Recktenwald hatte in einem Facebook-Post am Sonntag unter anderem geschrieben, dass es gut wäre, „wenn der Bund das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht überdenken und zurückziehen würde“. Die Umsetzung dieses Gesetzes sei „ein Beitrag zur weiteren Spaltung der Gesellschaft und bestraft diejenigen, die unverzichtbare Arbeit im Gesundheitswesen leisten.“

Dies stößt bei seinen Kollegen auf Verwunderung, so der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer: „Diese Meinungsäußerung entspricht nicht unseren gemeinsam getroffenen Vereinbarungen. Wir waren uns alle einig, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht zum richtigen Instrumentarium gehört, um die Corona-Pandemie wirkungsvoll zu bekämpfen.“ Dies unterstreicht auch der Neunkircher Landrat Sören Meng: „Wir haben uns auf diese gemeinsame Linie geeinigt. Die Bürgerinnen und Bürger sollten nicht noch mehr verunsichert werden.“ 

Wie schwer sich die einrichtungsbezogene Impfpflicht eventuell auch in der Durchsetzung erweise – die Gesundheitsämter der Kreise sind hier primär der Pflicht -, so richtig sei sie gleichwohl: „Denn gerade im Gesundheitsbereich wird größtenteils mit vulnerablen, also sehr sensiblen Gruppen gearbeitet – und den Menschen dort sollte nicht nur, sondern muss der best- und größtmögliche Schutz geboten werden“, sagt Regionalverbandsdirektor Peter Gillo. Die Omikron-Variante des Corona-Virus wirke erstmal harmloser als vorherige Varianten, aber auch sie könne schwere Krankheitsverläufe nach sich ziehen. Zudem wisse man nicht, wie sich die Pandemie weiterentwickle.

Von einer „Bestrafung“ der nicht geimpften Mitarbeiter könne nicht die Rede sein. Es gehe darum, Menschen im Gesundheitsbereich auch zum Impfen zu bewegen, um die Patientinnen und Bewohner besser vor Infektionen zu schützen.

Jetzt zurückzurudern, nur weil einige wenige Menschen die neuen Regelungen nicht mittragen wollten, komme einer Kapitulationserklärung gleich, so der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer. Wer die einrichtungsbezogene Impfpflicht anzweifle, stelle auch die derzeit diskutierte allgemeine Impfpflicht in Frage. Dies sei äußerst schwierig, denn: „Der nächste Herbst kommt. Und dann könnte es wieder zu spät sein, wenn nicht jetzt entschlossen gehandelt wird.“ Es gehe bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht primär nicht darum, aktuell eine akute Gefährdung zu verhindern, „sondern darum, perspektivisch und strategisch das Richtige in dieser Pandemie zu tun, die unser aller Leben seit zwei Jahren komplett verändert hat“, so Landrat Sören Meng.

Von einer Spaltung der Gesellschaft zu reden, hält Landrat Dr. Theophil Gallo (Saarpfalz-Kreis) für falsch und sogar riskant: „Im Gegenteil, mit dieser unnötigen Diskussion werden Projektionsflächen aufgebaut, die eine Spaltung eher vertiefen als beheben. Bei denen, die bei den so genannten ,Spaziergängen‘ dabei sind, handelt es sich nur um eine sehr kleine, aber leider recht laute Minderheit, um Splittergruppen. Ihnen steht eine stille und überwältigend große Gruppe von Menschen gegenüber, die sich dankenswerterweise impfen ließen und lassen – zu ihrem eigenen Schutz, aber auch zum Schutz ihrer Mitmenschen. Etwaige Fragen der Umsetzung zu klären ist Sache der zuständigen Verwaltungen, eine öffentliche Diskussion mag für Publicity sorgen, das ist hier aber nicht sachgerecht und zielführend.“

Quelle: saarnews – Landratsamt Saarlouis

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