Ein Beitrag von Lothar Ranta
Saarbrücken-Dudweiler. Inzwischen gibt es in Deutschland über 16.000 Menschen, die über 100 Jahre alt sind. Über Gesundheitszustand und Aufenthalt gibt es keine Statistik.
Im Oktober wurde Edith Feistel bei bester Gesundheit 102 Jahre. Wer mit ihr persönlich zu tun hat, kann es einfach nicht glauben. Sie ist nicht umsonst in Deutschland die älteste Übungsleiterin mit ihrer Frauengymnastikgruppe. Jupp Gerlach fährt sie und ihre wesentlich jüngeren Turnerinnen jeden Mittwoch in das Turnerheim des TV Altenwald. Dort ist sie natürlich Ehrenmitglied.
Die 102. Geburtstagsfeier dieses Jahr ist und bleibt hoffentlich einmalig. Aufgrund der Corona-Pandemie war alles anders. Allein die jährliche große bunte Einladungsanzeige in der Presse war eine Entschuldigung, dass die übliche Feier wie in den vergangenen Jahren ausfällt. Edith versprach aber und hat die Hoffnung, sie so bald wie möglich nachzuholen. Dafür erhielt Edith erstmalig eine große bunte Anzeige von allen Kindern, Enkel, Urenkel mit ihrem Foto und im Arm das erste Ur-Ur-Enkelkind Ida. Die Anzeige war eine freudige Überraschung für die Jubilarin.
Natürlich hatte sie im engsten Bekanntenkreis den Tisch mit selbstgebackenen Kuchen für den Tag gedeckt. Es kamen tatsächlich zeitversetzt und für kurze Zeit Gratulanten, die unbedingt mit ihr auch zusammen sitzen wollten. Es war allerdings kein gemütlicher Tag. Das der Bezirksbürgermeister von Dudweiler, Ralf-Peter Fritz, einen persönlichen Gruß während seiner Dienstzeit überbringen wollte, freute Edith besonders. Koronabedingt kamen Glückwünsche vom Oberbürgermeister der Stadt Saarbrücken, vom Regionalverbandspräsidenten und vom Ministerpräsident.
Edith kann viel aus ihrem Leben erzählen. Dazu kam sie aber nicht. Laufend klingelte ihr Smartfon, das sie souverän beherrscht. Für die Haustürklingel waren die Kinder Immo und Krimhild zuständig. Viele Nachbarn und Bekannte wollten persönlich gratulieren oder etwas in den Briefkasten stecken. Einmal musste der Briefträger Edith einen großen Brief aushändigen. Es war tatsächlich ein Schmucktelegramm von ihren Turnfrauen. Eine wirkliche Überraschung wurde von Vertretern des Turngaus Saarbrücken überreicht. Ein Briefmarkenbogen mit 20 amtlichen 80 Cent Briefmarken mit ihrem Porträt und der Schrift „102 Jahre – Okt. 2020“.
Edith ist seit 25 Jahre Witwe und immer noch sehr vital, selbständig und gesellig. Sie bestimmt ihr Leben. Ihre sehr gute Gesundheit ist erstaunlich obwohl sie in ihrem Leben auch größere Krankheiten durchmachen musste.
Sie ist immer noch eine starke Frau. Als langjährige Wirtin von bekannten Saarbrücker Restaurants und Mitglied in vielen Vereinen ist sie immer noch viel bekannt aber es werden natürlich jährlich weniger. Sie hat Mühe alle Vereine aufzuzählen in denen sie nach ihrer aktiven Zeit Ehrenmitglied ist. Bei einem Telefonat fragte sie den Anrufer, woher er sie kenne. „Edith, du bist doch unser Ehrenmitglied“. Sie ist gerne zu den Vereinseinladungen gegangen, die jetzt leider nicht mehr kommen. Aber sie ist hoffnungsvoll. Sie will ihren 102. Geburtstag noch nachholen. Und wie jedes Jahr hat sie auch schon für ihren nächsten 103. Geburtstag eingeladen. Sie war immer berufstätig bis sie mit 80 Jahren aufhörte zu arbeiten. Die Arbeit fehlt ihr schon. Dafür hat sie ihre Frauen, mit denen sie am Ende ihres Geburtstages in ihr Stammlokal essen ging. Trotz des anstrengenden Tages merkte man ihr nichts an.