„Systemsprenger“ als Herausforderung für die Kinder- und Jugendhilfe
Saarbrücken, 14.2.2020. Das preisgekrönte Film-Drama „Systemsprenger“ lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit im vergangenen Jahr auf eine Problematik, deren Tragweite Expertinnen und Experten bereits seit langem bekannt ist:
Wie umgehen mit hoch verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen, die durch systematischen Bruch von Regeln, konsequente Verweigerungshaltung und destruktive Handlungsweisen nach und nach durch sämtliche Raster der Kinder- und Jugendhilfe fallen?
Solchen „Systemsprengern“ widmete sich nun eine gleichnamige Fachtagung des Landesverbandes des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) mit dem Untertitel „Wenn Jugendliche und Hilfesysteme aneinander scheitern“ an der Hermann-Neuberger- Sportschule in Saarbrücken.
Die große Teilnehmerzahl untermauerte die gesellschaftliche Relevanz der Thematik. Zahlreiche Berichte aus der Praxis vermittelten in Form von Fachbeiträgen und im Rahmen mehrerer Workshopsein breites Bild, zeigten Problemstellungen und Herausforderungen, aber auch Lösungsansätze auf.
Als bereichernd erwies sich dabei, dass sich die Tagung an viele unterschiedliche Zielgruppen richtete, insbesondere an Akteure aus Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderkliniken, Drogen- und Erziehungsberatungsstellen, Polizei- und Rettungsdienst, Schulen und Schulpsychologischem Dienst, aber auch Selbsthilfeorganisationen.
„Im Laufe des Tages wurde deutlich, dass das Saarland etwa im Bereich der Frühen Hilfen durchaus bereits gut aufgestellt ist, wenngleich die Präventionsarbeit durch Ausbau und Stärkung von Hilfsangeboten unbedingt weiter verbessert werden muss. Hingegen existiert hierzulande jedoch keine Institution, die Jugendliche auffängt, die zuvor aus Regeleinrichtungen verwiesen wurden“, resümierte der Erste Vorsitzende des saarländischen Kinderschutzbundes, Stefan Behr, im Anschluss an die Tagung. „Ein solches Hilfsangebot ist jedoch unabdingbar, da wir den Zugang zu diesen Kindern und Jugendlichen ansonsten endgültig zu verlieren drohen. Wie es gehen kann, haben zwei Jugendliche aus Baden-Württemberg, die in Schloss Stutensee, einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, eine neue Heimat gefunden haben, eindrucksvoll geschildert.“
Einrichtungen wie die Kinderklinik des Klinikums Saarbrücken, wo zunehmend gefährlich aggressive Jugendliche auftauchten, benötigten zudem dringend einen effektiven Sicherheitsdienst, der das Klinikpersonal sowie jüngere Patienten vor schweren Übergriffen zu schützen vermag und gleichzeitig in der Lage ist, das Klinikpersonal dabei zu unterstützen, aggressive Jugendliche zu beruhigen, um eine angemessene Versorgung einleiten zu können.
Moderiert von der Vizepräsidentin der Psychotherapeutenkammer des Saarlandes, Diplom-Psychologin Susanne Münnich-Hessel, widmete sich die abschließende Podiumsdiskussion der „Über(?!)Forderung der Systeme“ und der Frage, wie betroffene Jugendliche über die konventionellen Hilfsangebote hinaus erreicht werden können.
„Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Unterstützern und Kooperationspartnern“, erklärte der saarländische DKSB-Vorsitzende Behr mit Blick auf die Psychotherapeutenkammer, das Landesinstitut für Präventives Handeln, die SHG-Kliniken Sonnenberg, das Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung und das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.
„Der Kinderschutzbund im Saarland wird das Thema Adoleszentenkrise und „Systemsprenger“ auch weiterhin im Blick behalten. Wir werden auch künftig den Austausch mit Politik und Praktikern suchen und mit eigenen Projekten wie „UFER – Unterstützung für Eltern“ versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten einen eigenen Beitrag zu leisten“, so Stefan Behr abschließend.