Die gestrige Mitgliederversammlung des 1. FC Saarbrücken war wieder einmal eine Veranstaltung der besonderen Art. Manche nahmen es mit Humor, wie die um ein Mitglied verkürzte Nauwiesbande, die auf ludwigspark.de den Ablauf der Hauptversammlung in gewohnt satirischer Art und Weise kommentierte. Andere ärgerten sich über das chaotische Wahlverfahren, das vollends aus dem Ruder zu laufen schien, bis Geschäftsführer David Fischer regelnd eingriff.
Als Ergebnis des Abends steht ein frisch gewählter Aufsichtsrat, der bis auf eine Position deckungsgleich mit dem vorherigen ist. Für den Helden des Vereins, Wolfgang Seel, der sichtlich gerührt seine Verabschiedung aus dem Rat bewältigte, rückte Prof. Oliver Strauch in das Kontrollgremium nach. Von den anderen Neubewerbern kam nur Dominik Fried mit 263 Stimmen der 300er Grenze nahe, die an diesem Abend eine Zustimmungsrate von 50 Prozent bedeutet hätte. Das erstaunte, denn es waren zu Beginn 649 stimmberechtigte Mitglieder als anwesend genannt worden.
Außer dem Aufsichtsrat wurden auch der 1. Und 2. Vorsitzende, sowie die Abteilungsleiter und die Kassenprüfer gewählt. Hier gab es keine Veränderungen. Jörg Alt wird weiterhin als Chef der Amateur- und Jugendabteilung agieren. Sein Stellvertreter bleibt Helmut Schwan. Das gilt ebenfalls für Winfried Klein (Frauen), Nico Weißmann (Jugend) und den Leiter der untätigen Handball-Abteilung, Markus Hoffmann, der sich erneut vertreten ließ.
Die Zahlen passen
Der Bericht des Präsidiums wurde aufgeteilt. Präsident Hartmut Ostermann übernahm Begrüßung und Ehrung der Jubilare und erklärte in seiner Rückschau noch einmal die Hintergründe der Trennung von Uwe Koschinat. Jürgen Luginger berichtete über die Saison bis zu diesem Zeitpunkt, Rüdiger Ziehl übernahm anschließend den Rest der bisherigen Saison. Dass das Präsidium und die Mitglieder vom Aufstieg in die 2. Liga träumen ist offenkundig. Ziehl verwies auf einen langen und schweren Weg im Wettstreit mit sehr starken Konkurrenten. Eine Garantie für Zweitligafußball in der kommenden Saison konnte er verständlicherweise nicht geben. Aber der Manager versprach, dass er und sein Team alles dafür tun würden, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
Wesentlicher Punkt jeder Jahreshauptversammlung ist der Bericht über die finanzielle Situation des Vereins. Den trug selbstverständlich der Schatzmeister Dieter Weller vor. Und er konnte viel Positives berichten: 617.000 Euro Gewinn vor Steuern, 1,14 Mio. Euro Investitionen in die Frauen-, Jugend- und Amateurabteilung, komplett neue IT für die Geschäftsstelle. Als Basis für den wirtschaftlichen Erfolg benannte Weller u.a. das Outsourcing, was ihm später einen heftigen Rüffel von Aufsichtsrat Michael Haubrich einbrachte. Während der Coronazeit, so Weller, habe sich die Strategie besonders als besonders erfolgreich erwiesen, denn anstatt den ganzen Apparat durchfinanzieren zu müssen, habe der Verein nicht benötigte Dienstleistungen einfach abbestellt und sei so besser durch die Pandemie gekommen als andere Vereine.
Marketing und Merchandising
Die Tatsache, dass die schon während der letzten Mitgliederversammlung angekündigte, neue Homepage nun bald online geschaltet werde, traf angesichts der Trägheit, mit der dieses Projekt offensichtlich vorangetrieben wird, mehr auf Belustigung als auf Ärger bei der versammelten Mitgliedschaft. Tatsächlicher Zeitpunkt der Veröffentlichung ist unbekannt. Na ja, mit Sicherheit bis Ablauf der Saison, also bis zum 30.6.2023. Es hänge an der Verzahnung von Ticketing und neuem Shopsystem mit der Seite, kommentierte Weller die Meldung mit einem ansehnlichen Schuss Selbstironie, was wiederum ungeteilte Freude im Saal auslöste. Die Bereiche Marketing und Merchandising standen in jeder Bewerber-Rede auf dem Zettel als diejenigen, in denen der Verein den größten Nachholbedarf offenbart. Finanzchef Dieter Weller nahm den Faden auf und wehrte die Kritik in Sachen Fanshop ab: Ein größerer Laden würde zu höheren Kosten bei Miete, Energie und Personal führen, nicht unbedingt zu höheren Gewinnen.
Ehrungen
Wie jedes Jahr, wurde auch bei dieser Mitgliederversammlung den Toten gedacht und den Jubilaren für ihre Treue zum Verein gedankt. Neben einer recht großen Zahl an Leuten, die seit 25 Jahre ihre Beiträge leisten (u.a. Christa Klimmt, Stefan Regel, Gerlinde Schuster und Dominique Rossi) wurden zwei Personen besonders geehrt: Peter Donauer, ehemaliger Schatzmeister und immer noch aufmerksamer Begleiter des FCS, blickt auf 50 Jahre Mitgliedschaft zurück und Peter David sogar auf 70. Entsprechend laut fiel der Beifall für die beiden Herren aus.
Noch mehr Beifall erhielt nur Renate Stein. Die gerade 80 Jahre alt gewordene Vertriebskönigin in Sachen Fanartikel nahm gleich zu Beginn einen Blumenstrauß für ihren runden Geburtstag entgegen und wurde am Ende der Versammlung, als sich die Zeiger der Uhr schon Richtung Morgen bewegten, noch per Akklamation zum Ehrenmitglied gewählt. Ob satzungsgemäß oder nicht – wen schert´s? Renate Stein ist somit das zweite Mitglied nach dem Fanverbandsvorsitzenden Bernd Gauer, der gestern trotz frisch überstandener Knie-OP anwesend war, dem diese Ehre zuteil wird.
„Spannende“ Perspektive
So endete der Abend anscheinend harmonisch. Unklar blieb nur die Position des Vizepräsidenten. Mehrere Neubewerber und die aktuellen und wiedergewählten Aufsichtsräte Meiko Palm und Egon Schmitt brachten zum Ausdruck, dass sie sich ihren Kollegen Aron Zimmer an dieser Stelle sehr gut vorstellen könnten. Zimmer selbst hatte zwar zuvor erkennen lassen, dass er im Falle einer klaren Kompetenz- und Bereichsaufteilung, bereit wäre. An diesem Abend aber, gehe es ausschließlich um die Wahl des Aufsichtsrats. Viel deutlicher konnte das Votum für den ehemaligen adidas-DACH-Vertriebschef in Sachen Fußball nicht ausfallen. Er vereinigte 570 von 600 Stimmen auf sich, was einer fast schon kommunistischen Quote von 95 Prozent entspricht.
Zimmer dürfte im Aufsichtsrat eine deutliche Mehrheit, die ihn zum Vizepräsidenten vorschlagen würde, hinter sich wissen. Doch es zeichnete sich bereits kurz nach der Wahl des Aufsichtsrates ab, dass Hartmut Ostermann andere Pläne haben könnte. Dabei fielen auch Namen, die wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings nur als Spekulation bewerten und deshalb nicht veröffentlichen möchten. Angesichts der Terminierung der konstituierende Sitzung des Aufsichtsrates auf den 22.12., bleibt noch Zeit für eine Abstimmung zwischen Aufsichtsrat und Präsidium. Der FCS macht es also mal wieder spannend…
Sehen Sie auch unseren Videobeitrag zur Mitgliederversammlung des 1. FC Saarbrücken: