Mit 0:2 unterliegt der 1. FC Saarbrücken in einem denkwürdigen Match gegen den direkten Konkurrenten FC Ingolstadt. Eine überlegene Leistung in der ersten Halbzeit konnten die Saarländer nicht in Tore ummünzen. Stattdessen sorgte eine Kette von Fehlentscheidungen des Schiedsrichters Daniel Bartnitzki für Entsetzen auf den Rängen. Als nach dem Spiel herauskam, dass auf seiner Instagramseite Fotos von einem Besuch bei Audi prangten, wähnten einige Beobachter Schiebung.
Rüdiger Ziehl musste seine Mannschaft umstellen. Julius Biada hatte in Verl rot gesehen, Kai Brünker drängte zurück ins Team, ebenso wie Marcel Gaus und Calo Rizzuto, der in Westfalen wegen einer Gelbsperre gefehlt hatte, so dass sich folgende Aufstellung ergab:
Schreiber – Becker, Zeitz, Uaferro – Rizzuto, Kerber, Sontheimer, Rabihic, Gaus – Naifi, Brünker
Die Saarländer starteten motiviert und kontrollierten das Spielgeschehen in der ersten Hälfte. Domink Becker zog nach sieben Minuten ab, doch Funk parierte souverän. Zehn Zeigerumdrehungen weiter prüfte Brünker per Kopfball den Keeper der Schanzer. Der FCS war am Drücker, doch der Treffer wollte auch nicht in der 22. Minute fallen als Rabihic einen Freistoß an die Latte setzte. Kurz darauf musste Dominik Becker mit einer Muskelverletzung vom Platz – eine weitere Hiobsbotschaft für den Verein, dessen Kader ohnehin schon dünn ist. Beckers Platz nahm Thoelke ein und der FCS drängte weiter auf die Führung. In der 38. Minute hätte es Elfmeter für die Blauschwarzen geben müssen, als Guwara den Ball klar mit dem ausgestreckten Arm im Sechzehnmeterraum abwehrte. Schiedsrichter Bartnitzki war womöglich die Sicht auf die Szene versperrt, doch sein Assistent hatte klaren Blick auf das Geschehen – und meldete nichts. Von FCS Trainer Ziehl in der Halbzeitpause auf die Szene angesprochen, sagte Bartnitzki man habe keinen Elfmeter geben müssen. Kurz vor dem Halbzeitpfiff musste Marius Funk noch einen platzierten Kopfball von Bjarne Thoelke abwehren. Das 0:0 war zu diesem Zeitpunkt äußerst glücklich für die Gäste aus Ingolstadt.
Zweite Halbzeit: Ein Elfmeter und zwei Platzverweise
Die Gäste aus Ingolstadt kamen verändert aus der Kabine. Der blass gebliebene Pascal Testroet musste Platz machen für den besten Torschützen der Liga, Jannick Mause, der überraschenderweise zunächst auf der Bank geblieben war. Der konnte seine Position in der Schützenliste in der 51. Minute festigen, nachdem Zeitz einen Elfmeter an Lorenz verursacht hatte. Diese Szene wurde später nicht kontrovers diskutiert, dafür aber die folgende: Brünker erzielte in der 64. Minute den vermeintlichen Ausgleich, doch Schiri Bartnitzki hatte zuvor ein Foul gesehen und versagte die Anerkennung. Das erzürnte Boné Uaferro, der für seine Beschwerde eine gelbe Karte kassierte – und unmittelbar darauf den gelb-roten Karton gezeigt bekam, weil er die Verwarnung mit einer „Wegwerfgeste“ kommentiert hatte.
Zwei Minuten später nutzten die Ingolstädter die Saarbrücker Aufregung. Fröde köpfte nach einem weiten Einwurf unbehelligt zum 0:2 ein. Damit war das Spiel im Wesentlichen entschieden. Doch Barnitzki setzte in der 71. Minute noch einen drauf. Calo Rizzuto wurde von Keidel rüde von den Beinen geholt und drehte sich im Fallen mit ausgestreckten Beinen in Richtung seines Aggressors. Das wertete der Schiedsrichter als Nachtreten und stellte den Saarbrücker vom Platz. Die verbliebenen neun Blauschwarzen bemühten sich dennoch um eine Ergebnisverbesserung, doch es blieb schließlich beim 0:2.
Fazit: Für den 1. FC Saarbrücken war es ein Nachmittag zum Vergessen. Nach einer dominanten ersten Halbzeit und ungenutzten Chancen führten fragwürdige Entscheidungen und individuelle Fehler zum Komplettdesaster. Dem Schiedsrichter allein die Schuld zuzuschieben, soweit wollte Kapitän Manuel Zeitz im saarnews-Interview nicht gehen. Er sprach selbstkritisch von „mehreren Knackpunkten“: Die wie in Verl nicht genutzten Chancen, sein Foul zum Elfmeter und die fragwürdige gelb-rote Karte gegen Boné Uaferro.
In der Pressekonferenz gab es weitere Diskussionen über den Schiedsrichter, auf dessen Instagramprofil ein Foto von einem Besuch am 9.10.22 im „Audi Experience Center“ gefunden wurde. Ein Geschmäckle? Rüdiger Ziehl kommentierte dessen Ansetzung in diesem Licht als „unglücklich“. Unsere Rückfrage bei Spielern des FC Ingolstadt brachte die gegenteilige Reaktion: „Das spielt gar keine Rolle“. Und tatsächlich bräuchte es schon eine veritable „Verschwörungstheorie“ um die zweifellos katastrophale Schiedsrichterleistung in Richtung einer „Voreingenommenheit“ oder gar einer „Käuflichkeit“ zu werten. Barnitzki stellte seinen Account kurze Zeit später auf privat um, was sein Verhalten noch suspekter erscheinen lässt. Wie der 1. FC Saarbrücken mit diesem Sachverhalt umgehen wird, dürfte auf höchster Vereinsebene geklärt werden.
Die Diskussion um Barnitzki und seine Linienrichter deckte aber das viel größere Problem zu, den zu dünn besetzten Kader. Nach der Verletzung von Dominik Becker und den Sperren für Rizzuto, Biada und Uaferro stellt sich die Mannschaft zumindest gegen den BVB II am kommenden Freitag fast von allein auf. Co-Trainer Bernd Heemsoth und Sportdirektor Luginger hatten die Problematik schon vor der Begegnung gegen den FCI angesprochen. Doch mittlerweile ist der Zug womöglich schon abgefahren. Luginger ließ im magenta-Interview durchblicken, dass der Markt nicht mehr viel hergebe. Insbesondere im Sturm, wo der FCS mit Sebastian Jacob und Patrick Schmidt den verletzungsbedingten Verlust zweier Topstürmer verkraften musste, herrscht angesichts der zweiten Nullnummer in zwei Spielen akuter Handlungsbedarf.
Zwar ist erst wenig mehr als die Hälfte der Saison absolviert, aber der Traum vom Aufstieg scheint endgültig ausgeträumt zu sein. Regensburg und Dresden, die beiden führenden Teams der Dritten Liga, haben fünfzehn Punkte mehr als der FCS erspielt. Auch der dritte Platz – gegenwärtig vom SSV Ulm belegt – ist schon neun Punkte entfernt. Es wäre schon eine sehr lange Siegesserie von Nöten, um vorne noch einmal eingreifen zu können.
Fotogalerie von Catharina Kuhn: