Ford hat sich gegen den Standort Saarlouis entschieden und damit gegen eine gut ausgebildete und leistungsfähige Belegschaft, verlässliche Zulieferer vor Ort und eine über Jahrzehnte den Bedürfnissen des Werks angepasste Infrastruktur. Ein bitterer und enttäuschender Tag für das Saarland, an dem SR3 auffällig viele Abschiedslieder spielt. Darunter auch „Strong Enough“ von Cher. Die Zeilen „I’m strong enough to live without you“ und „I don’t need your sympathy, there’s nothing you can say or do for me“, irgendwie passen sie zur Lage, so sentimental und trotzig sie klingen.
Kalt abserviert aus rein profitorientierten Gründen wurde Saarlouis trotz aller Bemühungen der vorigen und der neuen Landesregierung und des Betriebsrats. Gegenüber dem „Handelsblatt“ begründete Ford-Europachef Stuart Rowley die Entscheidung für das spanische Valencia vor allem mit „aus finanzieller Sicht besseren Zukunftsperspektiven“. Für Valencia sprächen insbesondere günstigere Materialkosten und das niedrigere Lohnniveau. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) bezeichnete das Auswahlverfahren als unfair und „eine Farce“. Nach ihren Informationen habe sich Ford in der Gesamtschau für das wirtschaftlich schlechtere Angebot entschieden.
Die Entscheidung bedeute nicht das Ende des Werkes im Saarland, äußerte Rowley im Gespräch mit der ARD: „Das Unternehmen habe eine Task Force eingerichtet, um mit der Belegschaft und auch der Landesregierung mögliche Zukunfts-Optionen für das Werk in Saarlouis zu beraten. Rowley betonte außerdem, dass sich beide Standorte weiterhin auf bedeutende Restrukturierungen einstellen müssten.“
Das heißt, bis zum endgültigen Produktionsstopp für den Focus im Jahr 2025 wird man der Belegschaft weitere Härten zumuten. Nichts anderes ist unter „bedeutende Restrukturierungen“ zu verstehen. Auch hier dürften allein finanzielle Aspekte zählen. Der Betriebsrat von Ford wird die Öffentlichkeit über den sogenannten Standortwettbewerb in den nächsten Tagen ausführlich informieren. Für schonungsvolle Zurückhaltung besteht dabei kein Grund mehr. Es dürfte sich herausstellen, dass auch die Kolleginnen und Kollegen in Valencia zu den Opfern dieses unwürdigen Spiels wurden. Das Ziel des aktuellen Managements von Ford bestand vorrangig in Lohndumping und Sozialabbau.
Ob Ford angesichts dieser Sachlage noch als verlässlicher Verhandlungspartner für die Landesregierung gelten kann? Sicher nicht, wenn es um die Standortentwicklung geht. Hier sind Partner aus der Industrie gefragt, die ein hohes Ausbildungsniveau und eine gute Infrastruktur zu würdigen wissen. Man darf Anke Rehlinger zutrauen, dass sie „strong enough“ ist, keinen „Plan B“ mit Ford sondern eine neue Zukunft mit verlässlicheren Partnern zu planen. Die gibt es auch in der Automobilindustrie.
Werner Röhrig