Saarbrücken. Sie gehören zu den ersten, die den Tag beginnen – wenn viele noch schlafen, steht in den Backstuben der Region längst alles auf Start: Rund 740 Beschäftigte backen und verkaufen im Regionalverband Saarbrücken täglich Brot, Brötchen und Butterkuchen. Für sie ist der frühe Dienst Alltag – doch genau dieser belastet viele, wie eine neue Umfrage zeigt.
„Sie müssen früh auf den Beinen sein. Der Wecker rappelt bei vielen schon mitten in der Nacht. Morgenmuffel haben’s da eher schwer“, sagt Tobias Wolfanger von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Umso wichtiger sei es, die Rahmenbedingungen in der Branche zu verbessern – denn der Druck auf das Personal ist hoch.
Bäckerei-Monitor offenbart Defizite
Erstmals hat die Hans-Böckler-Stiftung im Auftrag der NGG deutschlandweit rund 1.400 Beschäftigte im Bäckerhandwerk und der Brotindustrie befragt. Der sogenannte „Bäckerei-Monitor“ zeigt deutlich:
Mehr als 80 Prozent der Befragten berichten von Zeitdruck und Stress im Job, knapp die Hälfte arbeitet mit wenig Pausen, und 84 Prozent empfinden den Personalmangel im Betrieb als spürbare Belastung.
„Fehlender Nachwuchs ist ein entscheidender Punkt – vor allem für das Bäckerhandwerk“, sagt Wolfanger. Aktuell zählt die Arbeitsagentur im Regionalverband 68 Betriebe mit insgesamt 31 Auszubildenden, vom Bäcker-Azubi bis zur Fachverkäuferin.
Ein Trend dabei: immer mehr junge Migrantinnen und Migranten entscheiden sich für eine Ausbildung im Backgewerbe. „Eines ist klar: Ohne junge Menschen, die als Geflüchtete oder Zuwanderer zu uns kommen, wird das Brotbacken von morgen schwierig“, betont der NGG-Geschäftsführer. Bereits jetzt habe bundesweit jeder vierte Azubi im Backgewerbe einen Migrationshintergrund.
Bessere Bezahlung und Technik als Entlastung
Ein Lichtblick: Die Ausbildungsvergütung hat deutlich angezogen. „Zum Ausbildungsstart bekommen sie bereits 1.020 Euro pro Monat. Und im dritten Ausbildungsjahr sind es sogar 1.230 Euro“, so Wolfanger. Die NGG hofft, damit den Beruf attraktiver zu machen.
Zudem gebe es technische Fortschritte, die die Arbeitsbelastung reduzieren könnten. „Schafft eine Bäckerei zum Beispiel neue Kühltechnik an, kann der Teig schon am Vortag vorbereitet werden. Morgens wird dann gebacken. Dadurch liegen ein paar Stunden mehr Schlaf drin“, erläutert Wolfanger.
NGG fordert Tariflöhne und faire Schichtmodelle
Die NGG kündigt für dieses Jahr Tarifverhandlungen an, insbesondere mit Blick auf die Brotindustrie. Wichtigstes Ziel: attraktive Arbeitszeitmodelle. „Es geht darum, die Belastungen gerade bei Früh-, Spät- und Nachtschichten besser aufzufangen: Wenn auf sechs Tage Schichtarbeit drei freie Tage folgen, dann lassen sich die Jobs in der Brotindustrie dadurch enorm attraktiver machen“, so Wolfanger.
Auch beim Lohn sieht die Gewerkschaft Handlungsbedarf:
„Es ist wichtig, dass alle Bäckereien Tariflohn zahlen. Denn wenn der Lohn von heute schon ein Problem ist, dann ist es die Rente von morgen erst recht“, mahnt Wolfanger. Unter dem Motto „Backen wir’s“ will die NGG in den kommenden Monaten mit Nachdruck für bessere Löhne, faire Arbeitszeiten und mehr Nachwuchsförderung eintreten.