Intelligente Netzzustandsüberwachung – Das Vorhaben „Fühler im Netz (FiN)“ startet auf breiter Basis durch. Aufbauend auf dem Forschungsvorhaben FiN werden nun in FiN 2.0 großflächige Lösungen zur Überwachung des Netzzustandes mittels Big Data und Künstlicher Intelligenz erprobt.
Umweltverträgliche Stromerzeugung und nachhaltige Versorgung ¬– die Energiewende beschreibt den Weg von nuklearen und fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz. Die zentrale Versorgung mittels weniger Großkraftwerke wird durch viele Energieanlagen ersetzt, die den Strom dezentral in das Netz einspeisen. In Deutschland werden mittlerweile fast 40 Prozent des Stroms durch Wind, Sonne, Wasser oder Biomasse erzeugt. Diese erneuerbaren Energien unterliegen jedoch vielen äußeren Einflussfaktoren, wie Wetter oder Tageszeit, die zu Schwankungen im Netz führen und die Versorgungssicherheit gefährden können. Das Forschungsprojekt „Fühler im Netz“ befasst sich deshalb mit intelligenten Lösungen zur einfachen und günstigen Zustandsanalyse von Verteilnetzen und den angeschlossenen Anlagen und trägt somit zu einer erfolgreichen Energiewende bei. Das Prinzip ist denkbar einfach: Mittels Breitband-Powerline Technologie können alle Punkte im Stromnetz über die Stromkabel miteinander kommunizieren. Fühler im Netz ermöglichen ein Echtzeit-Netzmonitoring sowie die Zustandserfassung von Kabeln und Anlagen.
„Fühler im Netz 2.0“ ist die Fortsetzung des gleichnamigen Forschungsprojekts, das 2017 nach einer dreijährigen Laufzeit erfolgreich zu Ende ging. Unter Leitung von PPC, Spezialist für Smart Meter Gateways und Kommunikationstechnik, ist es gelungen, zentrale Herausforderungen der Netzüberwachung zu adressieren und erste praxistaugliche Lösungen zu demonstrieren. Die drei zentralen Herausforderungen des Netzbetriebs sind zum einen der systematische Ausbau der Netzzustandsüberwachung, die Zustandserfassung von Netzbetriebsmitteln sowie die Errichtung einer effizienten Kommunikationsinfrastruktur. Mit dem FiN-Ansatz konnten Synergien bei der Bewältigung dieser komplexen Themen genutzt und sehr kostengünstige Methoden zur Netzüberwachung bereitgestellt werden.
Mit Förderung durch das BMBF wird „Fühler im Netz 2.0“ nun die gewonnenen Erkenntnisse nutzen und den Fokus darauf legen, die Möglichkeiten zur Anlagen- und Netzzustandsüberwachung auszuweiten. Zudem sollen Optimierungspotenziale genutzt werden, die sich aus der Erfassung und der automatisierten Analyse von Massendaten ergeben. Dafür werden Erkenntnisse über Spannungsverläufe und „Fingerprints“ im Breitband-Powerline (BPL)-Spektrum vertieft und Big Data-Analysen ebenso wie Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) angewendet. Über 3.500 BPL-Sensormodems werden im Rahmen des Projekts in den Netzgebieten der Netze BW, der Mainzer Netze und der EVL Energieversorgung Leverkusen installiert. Diese messen in einer hohen zeitlichen Auflösung den lokalen Netzzustand, insbesondere die Spannung, und den Zustand von Kabeln und Anlagen.
Deep Learning – KI lernt aus dem Netz
Die großen Datenmengen, die dabei innerhalb kürzester Zeit anfallen, werden mithilfe von Massendatenverarbeitungsmethoden erfasst und mittels KI-Algorithmen auf Muster und Auffälligkeiten untersucht. Dazu werden Machine Learning- und Deep Learning-Ansätze aus dem DFKI eingesetzt. Die Algorithmen analysieren die Datenströme, erkennen Auffälligkeiten, lernen daraus und leiten so Vorhersagen oder eigene Strategien ab.
Damit kann eine Vorhersage des Spannungsverlaufs und der Asymmetrie zwischen den Phasen ermittelt werden. Diese Erkenntnisse werden in Zukunft insbesondere bei der Integration von E-Mobilität in den Verteilnetzen hochrelevant.
Prof. Dr. Andreas Dengel, Standortleiter und Leiter des Forschungsbereichs Smarte Daten und Wissensdienste am DFKI in Kaiserslautern sieht in selbstlernenden KI-Methoden das Potenzial einer Schlüsseltechnologie für eine erfolgreiche Energiewende: „Selbstlernende Algorithmen eignen sich hervorragend für die Analyse großer Datenmassen und darauf aufbauender Prognosemethoden für Energieerzeugung und Verbrauch. Diese bilden die Grundlage für ein intelligentes Netzwerküberwachungs- und Netzmanagement-System und sind somit Wegbereiter für das intelligente Energiesystem der Zukunft.“
Auch Ingo Schönberg, Vorstandsvorsitzender der PPC freut sich auf das Projekt: „Mit Fühlern im Netz leisten wir einen wichtigen Beitrag zum sicheren und effizienten Betrieb der durch Energiewende und Sektorkopplung beanspruchten Verteilnetze.“ Fabian Karl, Projektleiter bei PPC, fügt hinzu: „Die groß angelegten Feldtests in den Netzgebieten der Projektpartner werden aufschlussreiche Erkenntnisse über den Einsatz der entwickelten Methode zur Netzüberwachung in der Masse bringen. Durch den Einsatz der Breitband-Powerline- Technologie mit integrierter Messsensorik werden wir zahlreiche netzdienliche Mehrwerte generieren können.“
Die Mitglieder des Projektkonsortiums unter der Leitung von PPC sind neben dem DFKI die Netze BW, die Mainzer Netze und die Energieversorgung Leverkusen (EVL) aus dem Bereich Netze sowie die Bergische Universität. Am 25.06.2019 fand das Projekt Kick-Off bei PPC in Mannheim statt.