StartFeatureGasthaus Schäfer: „Brigittchen“ geht.

Gasthaus Schäfer: „Brigittchen“ geht.

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Als am 11. Januar der Spatenstich für den Bau des neuen Netto am Altenwalder Markt erfolgte, stand Brigitte Hilger oben am Fenster und schaute der Prozedur zu. Es wird ihr sicherlich in Erinnerung bleiben, denn dieser symbolische Akt beendete zugleich den bisher längsten und wichtigsten Abschnitt ihres Lebens. Drei Tage später hieß es: Letzte Schicht im Gasthaus Schäfer. Für immer Adé.

„Eigentlich wollte ich ja noch das 100-jährige Jubiläum feiern, dann wäre ich 85, aber meine Beine machen nicht mehr mit.“ diktiert eine gut aufgelegte Gastwirtin in den Block. Nun wird sie am 13. Februar 76 Jahre alt und zieht nach Quierschied in eine Wohnung, die Cousin Jürgen Thome gehört, der u.a. die bekannte Wirtschaft „Oldtimer“ führt. Der Schritt fällt ihr scheinbar leicht, aber im Gespräch tauchen immer wieder Erinnerungen auf, die von einem prall gefüllten Leben zeugen, das sich nun ändern wird.

1927 kaufte ihr Großvater das stattliche Anwesen in der Altenwalder Grubenstraße. Er stammte aus Mettweiler bei Baumholder und versprach sich wohl ein einträgliches Geschäft mit der Gastwirtschaft. „Meine Mutter hat sich sofort in das Haus verliebt“ – und in den Sohn des Hauses. So zog es die junge Frau von Oberkirchen am Weiselberg in den Süden des Saarlandes, wo sie half, das Geschäft aufzubauen. Brigitte Hilger lebt quasi von Geburt an in dem Haus, das sie nun veräußern wird; geboren wurde sie jedoch in Oberkirchen. „Immer, wenn meine Mutter schwanger war, ging sie zurück in ihre Heimat.“ Noch heute hat Brigitte Hilger, von den meisten „Brigittchen“ genannt, verwandtschaftliche Kontakte ins nördliche Saarland.

Brigitte (Mitte) mit ihren Eltern

1970 verstarb die geliebte Mutter ganz unerwartet und viel zu früh im Alter von 49 Jahren. So übernahm Brigitte Hilger das Gasthaus Schäfer und prägte es die folgenden 48 Jahre lang. Es gab einige Schicksalsschläge zu verkraften, beispielsweise den Tod ihres Bruders, aber irgendwie hat Brigitte Hilger alles hinbekommen. Ein schwerer Unfall in Griechenland wäre ihr fast zum Verhängnis geworden, als sie nach einem Schwächeanfall aufgrund der Hitze rücklings umfiel und sich das Rückgrat brach. Den Heimweg trat sie trotz heftigster Schmerzen im Linienflieger an und ließ sich vom Flughafen direkt nach Püttlingen ins Krankenhaus fahren.

Kommen wir zu den – vielen – lustigen und schönen Erlebnissen, von denen es weit mehr im Gasthaus Schäfer gab. Stammgäste, die sie über Jahrzehnte begleitet haben, ebenso wie Vereine und Parteien werden sich gerne daran erinnern. Ein Verein hat es ihr besonders angetan: Der 1. FC Saarbrücken. Und zwar nicht die Profi-Männerabteilung, sondern die Frauen. Die sind übrigens – auch wenn das manchen Blauschwarzen grämen wird – viel erfolgreicher als die männlichen Kollegen. „Irgendwann hat einmal Alexandra Thurow, ein Mädchen aus Altenwald, das beim FCS kickte, vor dem Tresen gestanden und gefragt, ob ihre Mannschaft nicht die Weihnachtsfeier im Gasthaus Schäfer ausrichten könnte – aber gerne doch! Und so tauchten die blauschwarzen Damen bald Woche für Woche beim Brigittchen auf  und schlugen so manche Schlacht in der dritten Halbzeit. Brigittchen wurde quasi ins Team übernommen und durfte mit dem Flugzeug nach Berlin, als das Team um die Spielerinnen Nadine Keßler und Dzenifer Maroszan beim DFB-Pokalfinale im Olympiastadion aufliefen. Das war unvergesslich.

Nun ist der Schritt getan, die letzte Schicht am 14. Januar verlief in ruhigen Bahnen, Künftig wird sie einen Gang runter schalten, wandern und schwimmen gehen. Dann können sich die Quierschder auf ihre frechen Sprüche freuen.

Was für die sieben Zwerge das Schneewittchen,
ist fürs Gasthaus Schäfer das Brigittchen.

Weggefährten äußern sich über „Brigittchens“ Entschluss das Gasthaus Schäfer zu schließen und in Rente zu gehen.

Verena Wonn,
Torhütertrainerin 1. FC Saarbrücken Frauen

Ich kann mich sehr gut an die Zeit erinnern, als das ich erste Mal zu unserem Brigittchen nach Altenwald kam.

Es war meine erste Saison bei den Frauen des 1.FC Saarbrücken und die Mädels sagten nach dem Training, komm wir stellen dir jetzt mal es Brigitte vor.

Und so kam es dann auch. Als ich das erste Mal zur Brigitte kam war wurde ich herzlich empfangen und wir haben uns auf Anhieb prima verstanden. Brigitte hatte immer einen Scherz auf Lager und war für jeden Spaß zu haben. 

Sie hatte auch immer ein offenes Ohr.  

Alle ehemaligen Spielerinnen sprechen heute noch von der Zeit, wo wir bei unserem Brigittchen saßen, feierten. 

Sie war immer um das Wohl der Mädels bedacht und es gab nie ein Nein von ihr.  

Birgitte ist einfach ein Unikat und unvergesslich.

Leider konnte ich an deiner letzten Schicht nicht anwesend sein Brigitte, aber ich wünsche dir von Herzen alles Liebe und Gute für die Zukunft. Vor allem ganz viel Gesundheit und Glück. Wer weiß wo man sich mal wieder trifft und dann redet man über die gute alte Zeit.

Ich werde dich nie vergessen.

 

v.l.n.r.: Kirstin und Sebastian Zenner mit Jannis und Brigitte Hilger.
(Foto: Sebastian Zenner)

Ich wurde kürzlich gefragt, ob ich Brigitte mit einem Wort beschreiben könne. Bevor ich mir einen tiefsinnigen und bedeutungsschwangeren Begriff überlegen konnte, rutschte mir schon „verrückt“ über die Lippen. Das trifft es aber ganz gut. Selbstverständlich nur im positiven Sinne.

Schulkameraden haben mich irgendwann einfach mal mitgenommen „ins Brigitte“ – nicht etwa ins „Gasthaus Schäfer“. Unter den Schülerinnen und Schülern des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Sulzbach genoss Brigitte schon damals, vor etwa 16 Jahren, Kultstatus. Gleich beim ersten Besuch hat mir ihre ureigene, ulkige Art total gefallen. Dass sie für jeden Spaß zu haben ist, ihr Showtalent und die Leidenschaft, mit der sie die immer gleichen Witze erzählt, machen sie für mich einfach zu der Kult-Wirtin im Umkreis. Unsere Clique hat sich danach auch regelmäßig dort getroffen. Wir haben Darts oder Billard gespielt, während Brigitte zum Spülstöpsel-Mikro griff und Gesangseinlagen schmetterte. Oder wir haben einfach nur zusammen „dumm geschwätzt“. Mittlerweile ist die Clique in ganz Deutschland und darüber hinaus verstreut. Trotzdem haben wir uns immer mal wieder bei Brigitte getroffen. Meine Frau und ich mussten deshalb auch nicht lange überlegen, wohin wir unsere Freunde und Kollegen nach unserer standesamtlichen Hochzeit im Mai 2016 einladen. Auch der Antrittsbesuch nach der Geburt unseres Sohnes Jannis war für uns selbstverständlich.

Es ist schade, dass diese traditionsreiche Kneipe schließt. Ich kann mir Brigitte ohne Theke gar nicht vorstellen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie weiß, wie man sich hinsetzt. Oder wie man sich zum Schlafen hinlegt. Jedenfalls wünsche ich der besten – und nach eigenen Angaben auch schönsten –  Wirtin der Welt alles Gute und einen möglichst genussvollen und langen Ruhestand!

Sebastian Zenner

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