Nach 50 Jahren Kommunalpolitik ist FDP-Mitglied Gerd Kiefer Anfang Juni aus dem Bezirksrat Dudweiler ausgeschieden. Der gebürtige Dudweilerer kann seine familiären Wurzeln bis vor den 30-jährigen Krieg zurückverfolgen. Mit seiner Familie wurde er 1944 nach Hof in Oberfranken evakuiert. 1951 folgt die Rückkehr und Kiefer besucht das Gymnasium Sulzbach – das heutige Theodor-Heuss-Gymnasium. 1960 legt er dort sein Abitur ab. Bereits seit seinem 15. Lebensjahr ist er politisch engagiert, lernt das Geschäft von der Pike auf, verteilt Flyer, hängt Plakate auf. Nicht ganz ungefährlich sei das seinerzeit gewesen, denn für Mitglieder der Jung-Demokraten in Dudweiler war es verboten, politische Veranstaltungen zu besuchen.
Es war die Zeit der politischen Umbrüche im Saarland, in der es zeitweise nur zwei Parteien gab, die auch noch beide dem damaligen Ministerpräsidenten „hörig“ gewesen seien. Hätte das Saarland sich für den Anschluss an Frankreich entschieden, hätte er eventuell sogar französischer Soldat werden müssen. Er erinnert sich an die damalige Grenzsituation, die seiner Meinung nach Ähnlichkeiten mit der Situation zur DDR hatte. Es gab Leibesvisitationen und „sogar Franz Josef Strauß wurde abgewiesen“, erinnert er sich.
Weil er 1960 an die Tübinger Uni wechselt, um sein Staatsexamen abzulegen, tritt er aus den Jung-Demokraten wieder aus. Nach einem „Allround-Studium“ in naturwissenschaftlichen Fächern studiert Kiefer 1962 bis 67 Französisch und Englisch auf Lehramt. „Ich habe nicht einfach zugehört, ich habe richtig gearbeitet“, berichtet er von seinem Ehrgeiz. Als erste Stelle nach seiner anschließenden Rückkehr ins Saarland zieht es ihn ans Realgymnasium nach Lebach, später unterrichtet er am Aufbaugymnasium in Jägersfreude, wo er Studiendirektor ist. Nach dem Ende der Einrichtung wird er zur Lehrerfortbildung versetzt und Leiter der Landesbildstelle. Dies bleibt er bis zu seiner Pensionierung 2004. Zudem war er stellvertretender Leiter des Landesinstituts für Pädagogik und Medien (LPM). Die Zusammenlegung von Bildstelle und Lehrerfortbildung zum LPM initiiert er maßgeblich mit.
Im Jahr seiner Rückkehr in die Heimat tritt er auch in die FDP ein: „Weil ich grundliberal eingestellt bin“, wie er erzählt. Sein erstes kommunalpolitisches Engagement findet er ein Jahr später im Stadtrat Dudweiler. Später – 1984 im Saarbrücker Stadtrat – trifft er seine wohl weitreichendste Entscheidung, die gar zum innerparteilichen Zerwürfnis führt: Als es darum geht, ob eventuell das Schloss abgerissen werde, ist er dagegen. Das war zu der Zeit, als der OB der Landeshauptstadt noch Oskar Lafontaine hieß und dieser noch Mitglied der SPD war. Kiefer äußerst sich sehr lobend über ihn: „Das war das Nonplusultra an Oberbürgermeister“.
Bereits 1974 wird Dudweiler ein Stadtbezirk von Saarbrücken. „Die Eingemeindung von 30.000 Einwohnern war nicht gerade gut“, so sein Fazit. In Dudweiler sei niemand dafür gewesen, es habe Unterschriftensammlungen gegeben, mit Sonderzügen sei man zu einem Protestmarsch nach Saarbrücken gefahren – ohne Erfolg. Vor wenigen Jahren dann der nächste Nackenschlag: Der Sonderstatus wird in der Amtszeit von Charlotte Britz, der derzeitigen Oberbürgermeisterin, abgeschafft. Unter anderem deswegen bewertet er ihre Arbeit weniger positiv, auch fehle ihre Unterschrift im Goldenen Buch Dudweilers bis heute.
Nach dem Wegfall des Sonderstatus mit hauptamtlichem Bezirksbürgermeister und eigener Verwaltung fehlen seiner Ansicht nach nun unter anderem Bürgernähe und ein eigenes Budget für den Bezirksrat. Es würden immer höhere Gebühren verlangt und immer höhere Auflagen an Sicherheit und Brandschutz gestellt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bezirksrat werde er wieder mehr Lesen. Selbst hat er bereits mehrere Bücher verfasst, unter anderem eine Schrift über Jakob Welter, einen Widerstandskämpfer aus Dudweiler. Als Übersetzer fungierte er bereits für das Saarländische Staatstheater, die Ford-Werke oder die Volkshochschule. Sicher werde er sich auch weiter auf Feierlichkeiten sehen lassen und sich vermehrt um seine Schafe zu kümmern, die er in Herrensohr hält. Einen Appell setzt er ins Rathaus ab: „Ich wünsche mir, dass der Stadtrat sich mehr um Dudweiler kümmert – damit es nicht verkommt.“
bo