Saarbrücken, 1. Februar 2025 – Die geplante Rodung eines 4,5 Hektar großen Waldstücks im St. Johanner Stadtwald zur Erweiterung der Universität des Saarlandes ist vorerst gestoppt. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (OVG) setzte den Bebauungsplan „Nördlich Stuhlsatzenhaus“ vorläufig außer Vollzug und folgte damit einem Eilantrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Dies bedeutet, dass keine Maßnahmen zur Umsetzung des Bebauungsplans erfolgen dürfen, bis über die eingereichte Normenkontrollklage rechtskräftig entschieden wurde.
Die Entscheidung wird von Umweltverbänden, Bürgerinitiativen und Teilen der Politik als bedeutender Sieg für den Natur- und Klimaschutz gewertet. Die Initiative „Hanni bleibt“, die sich seit Monaten für den Erhalt des Waldes einsetzt, feiert den Gerichtsbeschluss als Erfolg ihres Engagements.
OVG sieht gravierende Planungsmängel
Das Gericht begründete seine Entscheidung insbesondere mit methodischen Mängeln in der Erfassung geschützter Tierarten. So seien Vorkommen von Fledermäusen, Brutvögeln und Käfern nicht methodengerecht untersucht worden. Zudem fehle eine umfassende Alternativenprüfung für andere Standorte der geplanten Forschungsgebäude.
„Unsere Wälder sind unersetzlich für den Klimaschutz und die Lebensqualität in unserer Stadt. Der St. Johanner Stadtwald spielt eine entscheidende Rolle als Landschafts-, Trinkwasser- und Bannwald sowie als natürlicher Schutz vor Starkregenereignissen. Teile davon zu roden, ohne eine klare Entwicklungsperspektive zu haben, wäre ein fatales Signal – wirtschaftlich, ökologisch und klimapolitisch“, erklärten Claudia Schmelzer und Jeanne Dillschneider, die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen Saarbrücken.
Die Entscheidung des Gerichts sei „ein richtiges und wichtiges Signal für den Umwelt-, Klima- und Artenschutz“.
Bürgerinitiative „Hanni bleibt“: Widerstand zeigt Wirkung
Die Bürgerinitiative „Hanni bleibt“ hatte in den vergangenen Monaten immer wieder gegen das Bauvorhaben protestiert. Nun zeigt sich ihr Sprecher Marvin Kiefer kämpferisch und fordert eine neue Strategie:
„Ich fordere die Verantwortlichen von Stadt und Land auf: Kommt in den Hanni und seht mit eigenen Augen, was ihr hier opfern wollt. Vielleicht findet ihr dann die Inspiration für einen Plan, der nicht zerstört, sondern verbindet. Einen Plan, der zeigt, dass Fortschritt und Naturschutz Hand in Hand gehen können. Es ist höchste Zeit, dass wir aufhören, Entwicklung gegen Natur auszuspielen. Lasst uns gemeinsam eine Lösung finden, die beidem gerecht wird.“
BUND und NABU: Urteil mit Signalwirkung für den Naturschutz
Auch Umweltverbände wie der BUND Saarland und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) unterstützen die Entscheidung des OVG. BUND-Vorsitzender Christoph Hassel sieht darin eine weitreichende Bedeutung für künftige Bauprojekte im Saarland:
„Dieses Urteil stärkt den Naturschutz im Saarland. Es hat Signalwirkung, dass die Beachtung des Natur- und Artenschutzes in der Bauleitplanung ein wichtiger Belang ist. Die OVG-Entscheidung macht jetzt hoffentlich den Weg frei für eine intelligente und nachhaltige Flächennutzung, ohne weitere Natur zu zerstören.“
Auch Dr. Eric Weiser-Saulin, der Anwalt der Waldschützer, begrüßte die Entscheidung:
„Das OVG Saarbrücken hat den Bebauungsplan mit seinem heutigen Beschluss für nicht vollzugsfähig erklärt, da der Planung artenschutzrechtliche Verbote entgegenstehen. Besonders deutlich hat das OVG zudem das Fehlen einer Alternativenprüfung für andere Standorte herausgestellt. Es äußerte erhebliche Zweifel daran, ob die geplante Forschungsansiedlung auf dem Campus der Universität die massiven Eingriffe in Natur und Artenschutz rechtfertigen kann – zumal unklar ist, welche Institute dort tatsächlich angesiedelt werden sollen.“
Forderung nach neuen Gutachten und Gesprächen
Angesichts der Entwicklungen fordern die Grünen im Saarbrücker Stadtrat nun, dass unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben werden, um den ökologischen Wert des betroffenen Waldes umfassend zu prüfen. Gleichzeitig müsse die Stadtverwaltung umgehend Gespräche mit dem Land aufnehmen, um eine Alternativenprüfung voranzutreiben.
„Auch muss die rechtliche Grundlage des vom Stadtrat entgegen unserer Stimmen verabschiedeten Bebauungsplans umfassend geprüft werden“, fordern Schmelzer und Dillschneider.
Wie geht es weiter?
Mit dem Gerichtsbeschluss bleibt der St. Johanner Stadtwald vorerst erhalten. Doch die endgültige Entscheidung fällt erst mit dem Urteil in der Hauptsache der Normenkontrollklage. Bis dahin bleibt unklar, ob der Bebauungsplan in geänderter Form umgesetzt werden kann oder ob das gesamte Projekt neu gedacht werden muss.
Klar ist jedoch: Der Widerstand gegen die Rodung hat nun starken Rückenwind. Ob die Stadt Saarbrücken und das Land tatsächlich neue Wege in der Bauplanung einschlagen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.