In den stillen Gängen und Klassenräumen der Schulen Saarbrückens liegt eine Last, die schwerer wiegt als Bücher und Hefte – die Last eines Bildungssystems, das nicht nur an Leistungsdefiziten leidet, sondern auch an einer tiefgreifenden Ungerechtigkeit. Die jüngsten PISA-Ergebnisse haben diese schmerzliche Wahrheit erneut ans Licht gebracht, eine Erkenntnis, die die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) als „Skandal“ bezeichnet.
Max Hewer, Landesvorsitzender der GEW, sieht in den ernüchternden Ergebnissen einen klaren Handlungsaufruf. Er fordert einen grundlegenden Wandel: Die Förderung von Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen muss verstärkt und das Bildungssystem so umgestaltet werden, dass der Bildungserfolg eines Kindes nicht länger eine Frage der sozialen Herkunft ist. „Das ‚Zukunftsvermögen Bildung‘, welches von der Saar SPD geplant ist, könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein,“ so Hewer.
Die GEW fordert eine Neuausrichtung in der frühkindlichen Bildung. Anstatt Beitragsfreiheit in den Vordergrund zu stellen, sollte der Fokus auf Qualität und dem Ausbau von Kitaplätzen liegen. Die Weichen für die Bildungslaufbahn eines Kindes werden früh gestellt, und hierfür ist qualifiziertes Personal unabdingbar.
An den Schulen selbst sieht die Gewerkschaft dringenden Handlungsbedarf. Ein Sofortprogramm, bestehend aus zusätzlichen Planstellen für Lehrkräfte und multiprofessionelle Teams, der Reduzierung der Klassengrößen und dem Ausbau der Lehramtsstudiengänge, insbesondere im Primarbereich, ist gefordert. Quer- und Seiteneinstiegsprogramme sollen dabei helfen, die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber zu erhöhen und so die Reserven an den Schulen zu stärken.
Hewer betont, dass die Gesellschaft für das Versäumnis, jetzt zu investieren, einen weit höheren Preis zahlen wird. Auch der Finanzminister, der kürzlich auf einer Streikkundgebung des öffentlichen Dienstes die „Haushaltsnotlage“ betonte, sollte sich dieser Tatsache bewusst sein.
Die GEW fordert, dass das Thema Bildung auch auf Bundesebene zur Chefsache erklärt wird. Das „Startchancenprogramm“ der Bundesregierung sei nur ein Anfang und müsse fest im Bildungssystem verankert werden. „Während für das ‚Sondervermögen Bundeswehr‘ das Grundgesetz geändert wurde, fehlt es an politischem Konsens, dies auch für die Bildung zu tun. Das ist ein Armutszeugnis der Bundespolitik,“ schließt Hewer.