Erklärung des Zwischengipfels unter saarländischer Gipfelpräsidentschaft
Die Großregion will aus der Corona-Krise gemeinsame Lehren ziehen. Das geht aus der Erklärung des Zwischengipfels unter der saarländischen Gipfelpräsidentschaft hervor.
In dem 19-Punkte-Papier rufen die in der Großregion kooperierenden Partnerregionen aus vier Ländern unter anderem dazu auf, umfassend über die Konsolidierung von Krisenstäben auf regionaler und lokaler Ebene nachzudenken, wie dies bereits mit der Taskforce Corona Großregion der Fall war. Dadurch will die Großregion im Fall einer erneuten Krise koordinierter und schneller reagieren können. Die Krisenstäbe sollen helfen, neue Arbeitsrhythmen und neue Arbeitsmethoden zu etablieren.
So haben die Partner der Großregion ihre Fähigkeit zum ehrlichen Dialog und außerordentliche Solidarität im Gesundheitswesen unter Beweis gestellt. Zahlreiche Covid-19-Patientinnen und -Patienten aus Frankreich wurden in Krankenhäusern in Luxemburg, im Saarland und in Rheinland-Pfalz, aber auch in anderen Bundesländern aufgenommen. Die Partner der Großregion waren ein zentrales Beispiel für solidarische Aktionen, was auf europäischer Ebene Anerkennung fand.
Die national getroffenen Entscheidungen in Bezug auf die Einreisebeschränkungen an den Grenzen hatten direkte Auswirkungen für den Alltag der Bürgerinnen und Bürger in der Großregion, die es gewohnt sind, die Grenzen regelmäßig aus beruflichen, familiären oder privaten Gründen zu überqueren. Die Aufrechterhaltung der Freizügigkeit von Grenzpendlerinnen und Grenzpendlern sowie von Waren und Dienstleistungen war in diesem Zusammenhang eine große gemeinsame Herausforderung. Es zeigt sich, dass in solchen Ausnahmesituationen eine grenzüberschreitende Koordinierung von besonderer Bedeutung ist.
Corona-Krise im Jubiläumsjahr
„Europa lässt sich nicht mit einem Schlage herstellen und auch nicht durch eine einfache Zusammenfassung. Es wird durch konkrete Tatsachen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen“, sagte Robert Schuman am 9. Mai 1950. Die Worte des früheren französischen Außenministers, einer der Gründerväter der Europäischen Union, sind auch 70 Jahre danach aktueller denn je. Denn Covid-19 ist eine große Herausforderung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die allerdings durch „Solidarität der Tat“ im besten Sinne Robert Schumans gemeistert wurde. Die Krise traf die Großregion im 25. Jahr ihres Bestehens: Das erste Treffen der Chefs der Exekutiven fand am 20. September 1995 in Mondorf-les-Bains statt.
Seitdem arbeiten die politischen Verantwortlichen Luxemburgs, der Region Grand Est, des Saarlandes, von Rheinland-Pfalz, der Wallonie, der Fédération Wallonie-Bruxelles sowie der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens eng und grenzüberschreitend zusammen. Dies bewies sich auch und gerade in der Corona-Krise.
Tobias Hans, der amtierende Gipfelpräsident und Ministerpräsident des Saarlandes, betont: „Das Motto der Gipfelpräsidentschaft lautet ‚Die Großregion gemeinsam voranbringen‘. Genau das haben wir in den letzten Wochen geschafft: Wir haben die Großregion aus räumlicher Distanz, aber im engen Austausch miteinander und zum Wohl der Menschen, die hier leben, gemeinsam vorangebracht. Wir haben uns heute ausgetauscht über das, was gut gelaufen ist, aber selbstverständlich auch über das, was verbesserungswürdig ist. Auch hier hat die Krise wie ein Brennglas gewirkt und einen unverstellten Blick auf unsere Kooperation in der Grenzregion eröffnet. Wir haben deshalb heute beschlossen, dass wir insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Digitalisierung gemeinsame und wegweisende Fortschritte machen wollen. Wir sind eine Region und untrennbar miteinander verbunden. Aus unserer Vielfalt erwächst eine Innovationskraft, die wir nutzen wollen – für die Bürgerinnen und Bürger unserer Grenzregion – aber auch als Best Practice und als Vorreiter für Europa.“
Die Partnerregionen zeigten sich beim Zwischengipfel der saarländischen Gipfelpräsidentschaft überzeugt, dass die Corona-Krise der Kooperation in unterschiedlichen Bereichen auch eine neue Dynamik verleihen wird, zum Beispiel bei der grenzüberschreitenden Abstimmung von Investitionen, um den Aufschwung in Wirtschaft und Industrie zu begleiten, oder bei der Zusammenarbeit im Zivilschutz und im Gesundheitswesen. So bittet der Gipfel die Arbeitsgruppe Gesundheit darum, Lösungen für künftige potenzielle epidemiologische und gesundheitsbezogene Risiken vorzuschlagen.
Der Zwischengipfel fand am Donnerstag, 18. Juni 2020, coronabedingt als virtueller Gipfel statt. Das Saarland hat noch bis Ende dieses Jahres die Gipfelpräsidentschaft inne.
Frau Josiane Chevalier, Präfektin der Region Grande Est:
„Ich freue mich, dass die Großregion wieder zu einem Raum der Freizügigkeit geworden ist. Wir müssen uns jetzt dafür einsetzen, dass sie es für unser Bürgerinnen und Bürger bleibt. Diese Krise bietet die Gelegenheit, unsere Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zu intensivieren, damit die Grenze nicht länger als ein Hindernis für den Zugang zur Gesundheitsversorgung wahrgenommen ist.“
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz)
„Es gehörte nicht nur für uns in Rheinland-Pfalz zur Selbstverständlichkeit, schwerkranke Patienten und Patientinnen aus den Nachbarregionen in Frankreich aufzunehmen“ so die Ministerpräsidentin.
„Die zeitweiligen Schließungen vieler Grenzübergänge haben herbe Einschnitte für alle bedeutet. Es wird Zeit brauchen, bis wir wieder in bewährter Weise grenzüberschreitend zusammenarbeiten können. Der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit in der Großregion sind deshalb wichtiger denn je“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Frau Ministerin Cahen (Luxemburg)
Die Ministerin für Familie, Integration und die Großregion aus Luxemburg, Corinne Cahen, begrüßte die Wiederherstellung der Bewegungsfreiheit und die Aufhebung aller restriktiven Maßnahmen, die mit Beginn der Krise an den Grenzen eingeführt wurden. Sie appellierte an die Nachbarländer, im Falle einer neuen epidemiologischen Krise nicht von der errungenen Freizügigkeit abzuweichen: „Es ist Zeit, die Lehren aus dieser Gesundheitskrise zu ziehen, die uns mehr denn je gezeigt hat, wie wichtig die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist. Luxemburg ist bereit, eng mit seinen Nachbarn zusammenzuarbeiten, um eine bessere Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger der Großregion zu gewährleisten“.
Ministerpräsident der Fédération Wallonie-Bruxelles, Pierre-Yves Jeholet:
„Die Covid-19-Krise hat viel Raum in der Politik in unseren Gemeinschaften und Regionen eingenommen, und ich möchte heute die Dialogbereitschaft zwischen den Partnern in der Großregion würdigen. Freuen wir uns über diese europäische Dynamik der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Solidarität.“
Ministerpräsident der Wallonie, Elio di Rupo
„Die Covid-19-Krise hat die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und einige positive Punkte, aber auch einige Hindernisse aufgezeigt. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass es so weitergeht. Um zur Wiederbelebung der Wirtschaft in der Großregion in Zukunft beizutragen, ist es notwendig, ein Höchstmaß an Synergien zwischen unseren Regionen zu erzielen. Nur vereint können die Großregion und Europa wieder auf Kurs kommen“.
An der Videokonferenz zum Zwischengipfel vom 18. Juni 2020 haben neben Gipfelpräsident Tobias Hans teilgenommen:
- Malu Dreyer, Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz
- Corinne Cahen, Ministerin für Familie, Integration und für die Großregion des Großherzogtums Luxemburg
- Josiane Chevalier, Präfektin der Region Grand Est
- Jean Rottner, Präsident der Region Grand Est
- Mathieu Klein, Präsident des Conseil départemental de Meurthe-et-Moselle
- Stéphane Perrin, Vize-Präsident des Conseil départemental de la Meuse
- Patrick Weiten, Präsident des Conseil départemental de la Moselle
- Claude Wallendorff, Vize-Präsident des Conseil départemental des Ardennes
- Elio Di Rupo, Ministerpräsident der Wallonie
- Pierre-Yves Jeholet, Ministerpräsident der Fédération Wallonie-Bruxelles
- Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens