Was die Saar-Grünen jahrelang unter den Teppich gekehrt haben, geht weit über die Problematik Frauenstatut und Formalien hinaus, die nun den Schiedsgerichtsinstanzen der Partei vorgelegt werden. Das System Hubert Ulrich wurde nie richtig aufgearbeitet. Sprach man mit normalen Parteimitgliedern, dann hofften sie, die Zerwürfnisse und bitteren Erfahrungen mit Ulrichs Affären würden sich auswachsen. Getäuscht!
Mitglieder und Wählerschaft der Grünen hatten nicht mehr im Blick, dass Parteien auch – und für Einzelne besonders – Karriereleitern bieten, die Einfluss und Einkommen sichern, der Selbstbestätigung dienen und in wenigen Fällen auch der Befriedigung einer persönlichen Lust an der Macht.
So konnte sich das System Ulrich auf Landesebene außerparlamentarisch und auf kommunaler Ebene von Fall zu Fall weiterentwickeln. In der Landeshauptstadt Saarbrücken wurde das Unappetitliche dieser Entwicklung jüngst durch einen Betriebsunfall der Parteiendemokratie offensichtlich. Der Stadtrat entschied sich dagegen, eine Dezernentenstelle zum bloßen Versorgungsposten für einen Grünen zu degradieren. Stattdessen wurde eine fähige, gut qualifizierte Frau gewählt – zum Entsetzen der Grünen und zum Groll des Koalitionspartners CDU.
Die Arrangeurin des geplatzten Deals in der Landeshauptstadt ließ sich jetzt von Ulrichs Gnaden zur Landesvorsitzenden wählen. Barbara Meyer-Gluche wusste genau, welches Spiel sie mitmachte und weiter betreiben will. Schließlich wurden dank Ulrich parteiinterne Konkurrentinnen mattgesetzt, sie hätten beim Kampf Frau gegen Frau einmal gefährlich werden können.
Der Bundespartei sind die Machenschaften an der Saar seit langem bekannt. Mit Markus Tressel verlässt schließlich ein fleißiger und zuverlässiger Abgeordneter die Bundestagsfraktion. Ein Nachfolger Ulrich wird nur sich selber dienen.
Wenn nun Robert Habeck meint, „..die innersaarländischen Probleme sind erst einmal innersaarländische Probleme“, irrt er gewaltig. Der Doktor der Philosophie weiß genau, welche Formel er nutzt, um zumindest Zeit zu gewinnen. Eine solche Aussage (Tautologie) ist formal immer richtig, unabhängig vom zugrunde liegenden Sachverhalt. Genauso richtig wären die Sätze: „die Grünen sind die Grünen“, „Delegierte sind Delegierte“ oder „Putsch ist Putsch“.
Damit wird der Chef der Bundespartei nicht durchkommen, das weiß auch seine Co-Vorsitzende Annalena Baerbock, die sich jetzt aus der Schusslinie hält und den Habeck mal machen lässt. Denn die Mitgliederzahl eines grünen Ortsverbands Saarlouis, die höher sein soll als die etlicher Großstädte, wird schon lange von vielen für unrealistische gehalten. Die Bundesspitze der Grünen trägt eine Mitverantwortung für die Zustände in der Provinz. Warum fand nie eine Überprüfung der Mitgliederliste statt? Wie steht es tatsächlich um Hubert Ulrichs Machtbasis? Wie unabhängig ist das Landesschiedsgericht? Wie geheim waren die Abstimmungen?
Eine Klärung dieser Fragen und eine offene Auseinandersetzung mit den unappetitlichen Verhältnissen an der Saar fand über Jahre nicht statt. Ein politisches Furunkel hat sich entwickelt, das der Bundespartei nun am Hintern sitzt. Probleme der Grünen an der Saar sind eben doch bundesdeutsche Probleme der Grünen, Herr Habeck! Die bundesweite Medienresonanz ist deftig.