Die beiden kommissarischen Sprecherinnen der Landesarbeitsgemeinschaft Feminismus und Gleichstellung von Bündnis 90/Die Grünen Saarland, Marita Mayers und Sandra Steinmetz, verurteilen eine Berichterstattung, die die Persönlichkeitsrechte von Betroffenen sexueller Gewalt verletzt und gleichzeitig durch gezieltes Framing eine Täter-Opfer-Umkehr betreibt.
In Veröffentlichungen der jüngsten Vergangenheit wurden ohne Zustimmung der Beteiligten Informationen über ein laufendes juristisches Verfahren verbreitet. Hierbei wurden die Persönlichkeitsrechte einer von sexueller Gewalt betroffenen Person verletzt, indem nicht nur der vollständige Name, sondern auch Einzelheiten aus dem Privatleben veröffentlicht wurden. Gleichzeitig findet ein Framing statt, durch das der mutmaßliche Täter tendenziell in Schutz genommen und die Glaubwürdigkeit der Betroffenen angezweifelt wird.
Speziell in Fällen von sexueller Gewalt haben Medien eine besondere Verantwortung gegenüber allen Betroffenen. „Spätestens seit der #metoo-Debatte der vergangenen Jahre sollte allen Medienvertreter*innen klargeworden sein, dass besonders Täter-Opfer-Umkehr und victim-blaming viele Betroffene davon abhalten, überhaupt Anzeige zu erstatten“, so Sandra Steinmetz, „hinzu kommen die Angst vor einer Retraumatisierung und der nachhaltigen Darstellung als Lügnerin.“
Auch der Zeitpunkt der Berichterstattung nährt die Vermutung, dass es den angesprochenen Medien lediglich um die Befriedigung der eigenen Sensationsgier und nicht um sachliche Information der Leser*innen geht. Marita Mayers: „Die Taten liegen bereits mehr als vier Jahre, die Anzeige mehr als zwei Jahre zurück. Es liegt nahe, dass das Thema in Wahlkampfzeiten für zusätzliche Aufmerksamkeit und Klicks sorgen soll, und zwar auf Kosten der Betroffenen.“
Mayers und Steinmetz ermahnen ausdrücklich alle Medien zu einem sensibleren Umgang mit der Thematik und den Betroffenen von sexueller Gewalt. Sie haben wegen Verstößen gegen den Pressekodex Beschwerde beim deutschen Presserat eingereicht.