Jahresabschluss beim St. Ingberter Literaturforum ILF
Hoch zufrieden zeigt man sich beim St. Ingberter Literaturforum (ILF) bei der Rückschau auf das zu Ende gegangene Lesungsjahr 2022. Zu zehn Lesungen waren rund 700 Literaturinteressierte gekommen, um ein vielgestaltiges Angebot von Autorenbegegnungen und Buchvorstellungen zu erleben.
Den Auftakt bildete der Publizist Marko Martin, der in seinem literarischen Tagebuch über „Die letzten Tage von Hongkong“ sowohl über die Anfänge der Coronapandemie als auch über die Bedrohung der Freiheit durch autoritäre Systeme berichtete. Eine zweite Veranstaltung in der Reihe „Jazz und Poesie“ in Kooperation mit der Konrad Adenauer Stiftung würdigte den Berliner Autor Bernd Wagner, der mit „Verlassene Werke“ ein bewegendes deutsches Nachkriegspanorama und Zeitdokument präsentierte.
Ein Brückenschlag über die Grenze zu unseren französischen Nachbarn gelang gleich dreimal. Im Rahmen des Literaturfestivals „erLESEN!“ entführte die Hamburger Autorin Antje Sievers mit ihrem hervorragend recherchierten Roman „Die Judenmadonna“ ihr Auditorium in die Welt der jüdischen Kultur im Elsass und fesselte es mit der Darstellung einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Leichtere Kost, äußerst unterhaltsam dargeboten, offerierte der Bestsellerautor Benjamin Cors, der in die Welt seiner überaus erfolgreichen Normandiekrimis einführte. Frankreich war zu dritten Male Thema, als der in St. Ingbert lebende Politikwissenschaftler Adolf Kimmel die erste deutschsprachige Biografie über Francois Mitterand vorstellte, worin er in klaren Konturen das Porträt eines ebenso undurchschaubaren wie wandlungsfähigen Politikers mit entschiedenem Willen zur Macht zeichnet.
In Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung Saarpfalz (KEB) wurden zwei Veranstaltungen mit dem Theologen Stefan Schwarzmüller und dem Germanisten Thomas Kuhn durchgeführt. Mit den Veranstaltungen „Lessing und das Drama der Toleranz“ und „Autorinnen der Weimarer Republik“ wurden spannende Kapitel der deutschen Literaturgeschichte aufgeblättert, und die beiden Künstlerfreunde boten einem ebenso ergriffenen wie begeisterten Publikum durch das Zusammenwirken von gekonnter Rezitation und szenischem Spiel ein Literaturerlebnis der besonderen Art. Ein Höhepunkt war sicher auch der Auftritt der Münchner Autorin Dagmar Leupold. Sie stellte ihren nicht nur die Kritik begeisternden Titel „Dagegen die Elefanten!“ vor, eine mit feinfühlig entwickelter Psychologie der Figuren subtil gestaltete Studie über einen Außenseiter.
Die meisten Besucher zogen erwartungsgemäß zwei unseren Mundarten gewidmete Abende an. Dies galt für „Dengmerd un sei Sprooch“ mit heimischen Autoren und Sprechern in der Stadtbücherei ebenso wie für den großen Saarlandabend im Rahmen des St. Ingberter Kultursommers, der dank der Zusammenarbeit des Mundartrings Saar auf dem Hof der Ludwigschule stattfinden konnte und 120 Besuchern eine bunte Fülle von Darbietungen aus den unterschiedlichen Dialektgebieten unserer saarländischen Heimat bot.
Nach einer Winterpause sollen auch im neuen Jahr den interessierten Bürgern weitere Autorenbegegnungen und Buchpräsentationen angeboten werden, und das ganz im Sinne Fred Oberhausers, der das ILF im Herbst 1981 aus der Taufe hob. Diese Lesungen lockern den Bibliotheksalltag auf und verleihen der Stadtbücherei das Profil einer lebendigen Kultureinrichtung. Gerade auswärtige Gäste rühmen sie oft als facettenreichen kulturellenTreffpunkt, so ILF-Sprecher Jürgen Bost.
Quelle: ILF