ARD-Studioleiter Washington Martin Ganslmeier begeisterte mit einem Vortrag über die Lage kurz vor Wahl in den USA
Viele kennen seine Stimme aus SR1, SR2, SR3 oder dem Deutschlandfunk, doch viele wissen nicht welche Person dazu gehört. Martin Ganslmeier, gebürtiger Hamburger, ist der Leiter des ARD-Studios in Washington und ein gefragter Mann. Seine Analyse der US-amerikanischen Politik wird weit über die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Hörfunks hinaus wertgeschätzt. Und deshalb kamen auch mehr als hundert Menschen an diesem Montagabend im Oktober zur Union Stiftung in die Steinstraße nach Malstatt, um sich seine Einschätzung zur gegenwärtigen Situation in den USA anzuhören.
„Es ist schön wieder hier im Saarland zu sein.“ begrüßte er das Publikum, in dem man viele bekannte Gesichter vom Saarländischen Rundfunk wiedererkannte. „Ich habe hier die ersten 17 Jahre meines beruflichen Lebens verbracht und ich habe mich jeden Monat dieser 17 Jahre hier sehr wohl gefühlt. Die Tatsache, dass ich zum Norddeutschen Rundfunk gewechselt bin, hatte nichts damit zu tun, dass ich das Saarland oder den Saarländischen Rundfunk leid gewesen wäre. Es war einfach die Chance einen Traum zu verfolgen. Und der war, als ich schon für ein Jahr nach Washington als Junior-Korrespondent gehen durfte, dass ich das noch einmal über einen Zeitraum von fünf, sechs Jahren machen kann. Das ist leider nicht bei dem kleinen Saarländischen Rundfunk möglich, sondern nur bei den großen Sendern NDR und WDR.“
Und gleich ging es in medias res: Ganslmeier beschrieb wie es dazu kommen konnte, dass ein Favorit wie Jeb Bush keine Chance auf die Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen hatte, während Außenseiter wie Bernie Sanders und Donald Trump riesige Erfolge erzielten: Die Demokraten sind nach links gerückt, während die Republikaner innerlich in drei Flügel zerrissen, nach rechts driften. Dazu kommt ein 15 monatiger Wahlkampf, der immer mehr mit Showelementen und nur wenige politische Inhalte transportiert. Trump ist laut, lustig und aufgrund seiner dauernden Medienpräsenz eine Marke. Deshalb habe er sich letztlich durchsetzen können. Trotzdem symbolisiere er das Gegenteil dessen, für das ein republikanischer Kandidat normalerweise stehe: Er propagiert Protektionismus, während die Partei für Öffnung und Ausdehnung der Wirtschaft steht. In der Außenpolitik setzt er auf Isolierung, während für die Republikaner Bündnistreue ein hohes Gut darstellt. Genauso wenig passen die Verunglimpfung von Eltern eines in Afghanistan gefallen Soldaten in das republikanische Weltbild.
Aber nicht nur Trump, sondern auch seine Kontrahentin Hillary Clinton wird vom Wahlvolk wenig geschätzt. Insgesamt wünschen sich nach neuesten Umfragen zwei von drei Wählern andere Kandidaten. Clintons kühle, oft künstliche Art bringe ihr wenig Sympathien, beschreibt Ganslmeier die Stimmungslage. Darüber hinaus haftet ihr ein Malus wegen der E-Mail Affäre an. Dennoch stehe sie für Stabilität und Berechenbarkeit. Deshalb werde sie wahrscheinlich auch gewinnen.
Sicher ist hingegen nichts: Nicht selten habe es noch kurz vor der Wahl die „october-surprise“ gegeben, also ein Ereignis, dass für einen Drehpunkt in der öffentlichen Meinung gesorgt habe. Die FBI-Veröffentlichung über neue Ermittlung gegen Hillary Clinton in der E-Mail-Affäre könnte man in dieser Hinsicht deuten. Lassen wir uns also von Martin Ganslmeier am Morgen des 9. November überraschen.
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