Die Situation der Gewerbetreibenden in den kleineren Städten und Gemeinden wird immer schwieriger. Von dieser Entwicklung betroffen ist auch Quierschied, dessen Marienstraße plus Umfeld früher einmal ein blühendes Viertel darstellte. Heute findet man hier acht leerstehende Objekte und insgesamt 14 in der Gemeinde. Wir sprachen mit Bürgermeister Lutz Maurer über die gegenwärtige Situation und wie man sie verbessern könnte.
Der Quierschder: Guten Tag, Herr Maurer! Ende Januar hatten Sie zu einem Frühschoppen in die Q.lisse eingeladen. Thema war die Situation der Gewerbetreibenden in Quierschied, eine neue Studie des Regionalverbandes diesbezüglich, sowie die Fördermöglichkeiten, welche Land, Regionalverband und Gemeinde aufgelegt haben, um wieder etwas mehr Leben in die Ortsmitten zu bekommen. Kommen wir zunächst einmal zu der Studie. Dort liegt die Gemeinde Quierschied meist im hinteren Drittel der Vergleichstabellen. Dabei klingen 14 Leerstände doch gar nicht so tragisch. Wie beurteilen Sie die Situation Ihrer Gemeinde?
Lutz Maurer: Guten Tag Herr Kuhn. Die Gemeinde Quierschied steht in diesem Bereich wie nahezu alle deutschen Kommunen vor einigen großen Herausforderungen. Aus gesellschaftlicher Sicht spielen bekanntermaßen der demografische Wandel mit einer älter werdenden Bevölkerung, aber auch große Veränderungen im Zeitmanagement und Konsumverhalten der Menschen eine entscheidende Rolle. Um es kurz zu machen: Immer mehr Bürgerinnen und Bürger kaufen beim Discounter, im Internet, erledigen Einkäufe mit dem Auto und möchten bei einer geplanten Shoppingtour nach Saarbrücken, Saarlouis oder Neunkirchen etwas mehr erleben als „nur“ den Einkauf. Diese Entwicklung geht natürlich zu Lasten der traditionellen Gewerbestruktur vor Ort. Es gibt Gewerbe-treibende, die sich auf diesen Wandel eingestellt und mit ihrer Konzeption Erfolg haben. Anderen fällt dies je nach Sortiment und Zielgruppe schwerer. Unser Ziel war es, die Gewerbetreibenden für diese Entwicklungen zu sensibilisieren und mit ihnen in einen Dialog zu treten. Fakt ist: Nur gemeinsam können Lösungen gefunden werden. Die Gemeinde versucht trotz der auferlegten Sparzwänge, ihr Möglichstes beizutragen. Ein Beispiel ist die von Ihnen genannte Fördermöglichkeit, ein anderes der sogenannte Seniorenbus, der künftig an rund 30 Stationen Halt macht, um ältere Menschen zu den Einkaufsmöglichkeiten in der Quierschieder Ortsmitte zu bringen. Aber auch die Gewerbetreibenden und die Eigentümer der leerstehenden Gebäude müssen sich Gedanken darüber machen, wie sie sich auf die genannten Veränderungen einstellen wollen.
Die von Ihnen angesprochenen Vergleichs-tabellen sind natürlich insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass Quierschied wenig großflächige Einkaufsmärkte hat, die natürlich direkt schon eine große Kaufkraft auf sich ziehen – dies erfolgt jedoch immer zu Lasten des örtlichen Einzelhandels – was die Ortsmitten zusätz-lich belastet. Ich vermisse von Seiten der Landesplanung hier die Berücksichtigung und Unterstützung der kleineren Gewerbetreibenden und Einzelhändler. Hier wird sich aus meiner Sicht zu stark auf die Ansiedlung einheitlicher Discounter konzentriert und zu wenig für die inhabergeführten Einzelhändler getan.
Der Quierschder: Als Hemmschuh für eine positive Entwicklung wurde die geringe Anzahl an Parkplätzen genannt…
Lutz Maurer: Die eingangs geschilderten gesellschaftlichen Veränderungen führen dazu, dass viele Kunden nur in unmittelbarer Nähe des Geschäfts parken können oder wollen. Das verschärft diese nicht neue Problematik natürlich. Klar ist, dass die Gemeinde beispielsweise in der Marienstraße nicht einfach so neuen Parkraum schaffen kann. Das liegt auch an der Topografie der Quierschieder Ortsmitte. Betrachtet man die bloße Zahl der öffentlichen und noch dazu kostenfreien Parkplätze im direkten Umfeld, so kommt man mit dem Rathausplatz, der Marienstraße und dem Bereich Alten Markt und den umliegenden Bereichen schnell auf über 150 Plätze. Im Umkreis von bis zu 300 Metern Entfernung zu den Geschäften kommen auf dem REWE-Parkplatz und der Schumannstraße schnell noch einmal so viele hinzu. Insofern ist die Parksituation durchaus komfortabler als in anderen Kommunen – aber genügend Parkplätze gibt es leider nie.
Der Quierschder: Paul Pendorf brachte ein Gemeindemarketingkonzept ins Spiel, das vor etlichen Jahren einmal entwickelt wurde, mittlerweile aber wieder eingeschlafen ist. Wollen Sie diese Vorlage wiederbeleben?
Lutz Maurer: Dieses Gemeindemarketingkonzept beinhaltet einige interessante Ansätze, die wir uns noch einmal genauer anschauen werden. Allen voran ist die Kohlenkarte, eine Art Geschenk-Gutschein für den Einkauf in Quierschied, noch immer ein sinnvolles Mittel, Kaufkraft in Quierschied zu halten. Wir werden speziell in diesem Bereich Ansätze des bereits existierenden Konzepts wiederbeleben. Wir müssen aber auch neue, zeitgemäße Impulse setzen. Dazu diente der Austausch mit den Gewerbetreibenden – um Ideen zu sammeln, die gemeinsam verwirklicht werden könnten.
Der Quierschder: Im Nachbarort Sulzbach hat sich nun eine Initiative von UnternehmerInnen gebildet, die das Marketing der Stadt in ihre eigenen Hände nahmen wollen. Auch ein Stadtmanager wurde installiert, der die Themen Leerstände, Geschäftsnachfolge und die Kommunikation zwischen Vermietern und Interessenten angehen soll. Wäre das auch eine Vorgehensweise, die für Quierschied in Frage käme?
Lutz Maurer: Jede wie auch immer geartete Zusammenarbeit in diesem Thema ist natürlich stets zu begrüßen. In Quierschied gibt es bereits seit Jahren den Gewerbeverein,
in dem sich die Gewerbetreibenden zusammengeschlossen
haben, um genau diese Fragestellungen zu behandeln, darüber zu diskutieren und Ideen einzubringen. Schließlich wissen die Gewerbetreibenden selbst am besten, was sie brauchen. Diese gebündelte und aktive Interessenvertretung der Geschäftsleute möchte ich gerne unterstützen, um im engen Dialog mit der Gemeinde neue Möglichkeiten zu diskutieren und auf den Weg zu bringen.
Der Quierschder: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Maurer!
Lutz Maurer: Sehr gerne.