Interview mit dem Gesundheitsexperten Dr. Helmut Isringhaus (FDP) zur COVID-Impfung.
Er gilt als einer der profiliertesten Gesundheitspolitiker des Landes. Dr. Helmut Isringhaus hat die SHG-Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie im Völklinger Herzzentrum gegründet und genießt als Mediziner einen Ruf, der weit über die Grenzen des Landes hinausreicht. Auch als umsichtiger Politiker hat er sich einen Namen erarbeitet. So dürfte die Wahl von Dr. Sabine Dengel zur Saarbrücker Kulturdezernentin vor allem auf seine Hartnäckigkeit zurückzuführen sein.
saarnews: Guten Tag, Herr Dr. Isringhaus! Der Aufruf zum Boostern wird von der Bundes-, wie auch der Landesregierung immer mit der Behauptung begründet, dass die Pandemie nur auf diese Art und Weise besiegen könne. Das ist für viele Menschen nicht nachvollziehbar, denn auch Geboosterte können sowohl infiziert werden als auch das Virus weitergeben. Der Effekt der dritten Impfung beschränkt sich also – bestenfalls – auf den Krankheitsverlauf des einzelnen Betroffenen. Welche Wirkung aber hat die Impfung aus pandemischer Sicht?
Dr. Helmut Isringhaus: Zunächst einmal ist es ja wirklich sehr gut, dass die Impfung den Krankheitsverlauf beeinflusst und zwar so, dass nur relativ selten Patienten mit einer Auffrischungsimpfung auch auf der Intensivstation landen. Allerdings hat man sich insofern etwas viel versprochen von der Impfung, als man dachte, dass ein Weitergeben des Virus durch Geimpft nicht möglich sei oder sogar: dass Geimpfte den Virus nicht tragen könnten. Das war von Anfang an falsch gedacht und bleibt auch falsch.
saarnews: Nun sieht es bereits jetzt so aus, dass es bei der dritten Impfung nicht bleiben wird. Die Impfstoffe müssen immer wieder an die vorherrschende Mutation angepasst werden. Drehen wir uns da nicht irgendwann im Kreis? Wäre es nicht besser, anstatt die Impfstoffproduktion, die Entwicklung von Medikamenten voranzutreiben?
Dr. Helmut Isringhaus: Beides ist wichtig. Die Impfstoffe sollen von vorneherein die Gefahr einer Ansteckung oder eines schweren Verlaufs verhindern und die Medikamente braucht man, wenn es doch zu einer Erkrankung kommt. Natürlich muss ein Impfstoff an Mutationen angepasst werden, aber das geht nicht von heute auf morgen, wird aber schon seit langem betrieben. Und andererseits versucht man hier schon seit Beginn der Corona Pandemie, entsprechende Medikamente entweder zu entdecken, die es schon gab, die aber hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gegen Corona unbekannt waren. Oder man entwickelt neue Medikamente. Dies ist auch sehr erfolgsversprechend und wird auch dazu führen, dass die Krankheitsverläufe abgemildert werden.
saarnews: Rechtlich werden Geboosterte besser gestellt als Genesene, Geimpfte und Ungeimpfte, obwohl von ihnen ebenfalls die Gefahr ausgeht, dass sie COVID übertragen. Was halten Sie davon? Wäre es nicht ehrlicher zu sagen: Nur wer einen Negativtest vorlegt, ist gesund und sicher?
Dr. Helmut Isringhaus: Alles ist ein Kompromiss. Auch ein negativ – Schnelltest ist nicht so aussagefähig, dass man sagen kann: der Kontakt mit dieser Person ist sicher. Er gibt nur eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Tests. Der Vorteil von vermehrten Tests ist natürlich, dass auch symptomfreie Erkrankungen erkannt werden und somit zum Schutz beitragen.
saarnews: Am Montag demonstrierten 3000 Menschen gegen die Coronapolitik der Landesregierung, im Speziellen gegen die Grundrechtseinschränkungen und die angekündigte Impfpflicht. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen in der Vergangenheit. Droht eine Spaltung unserer Gesellschaft? Welchen Anteil trägt die Politik daran und wozu würden Sie raten?
Dr. Helmut Isringhaus: Ich würde dazu raten, in der ganzen Angelegenheit, und vor allem in Bezug auf die Impfpflicht, rational und cool zu bleiben.
Maßgebliche Politiker und auch Vertreter der Ärzteschaft haben sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen, ebenso viele Abgeordnete und vor allem auch Mitglieder der FDP. Auch ich persönlich halte eine allgemeine Impfpflicht zum heutigen Zeitpunkt für keine gute Idee. Angesichts der Tatsache, dass die Wirkung der Impfung ja auch nicht so ist, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hat und in den nächsten Monaten wirksame Medikamente auf den Markt kommen werden, sollten wir andere Wege finden, um aus der aktuellen Situation auch langfristig herauszukommen. Ich halte weiter die Aufklärung für sehr, sehr wichtig. Zwang war noch nie ein guter Ratgeber. Die Menschen und ihre Ängste müssen ernst genommen werden. Man muss ja mal sagen, dass es nicht nur die Impfgegner gibt, die man im Fernsehen sieht. Es gibt auch die Einzelnen, die einfach noch immer verunsichert sind – und es gibt die Gruppen, die man offenbar noch nicht mit Argumenten erreicht hat. Da müssen wir ansetzen.
Wir sind alle in einer sehr schwierigen Situation und haben unterschiedliche Standpunkte. Eine echte Spaltung sehe ich nicht und wir müssen uns bemühen, damit auch keine entsteht. Und wir müssen genau aufpassen, dass unsere Freiheitsrechte nicht eingeschränkt werden!
saarnews: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Isringhaus.