Ein Kommentar von Claus Kuhn.
Der Vorwurf gegen Dennis Erdmann ist schwerwiegend und die Tatsache, dass drei Gegenspieler ihn beschuldigen, berechtigt ein Ermittlungsverfahren wie es gegenwärtig gegen ihn läuft. Aber nicht nur die Ankläger einer vermeintlichen rassistischen Beleidigung, sondern auch der Beklagte besitzt Rechte, die als Basis unseres Gemeinschaftsleben gelten. In diesem Fall ist es das Recht, dass der Beschuldigte, solange ihm seine Schuld nicht nachgewiesen wurde, als unschuldig gilt.
Die Entscheidung des DFB-Richters Stephan Oberholz, Erdmann vorläufig zu sperren, kommt deshalb einer Vorverurteilung gleich. Insbesondere deshalb, weil er nicht einmal einsatzfähig ist und deshalb seinem Verein ohnehin nicht dienen kann. Dabei geht es in diesem Verfahren vor allem um eins: Glaubwürdigkeit. Natürlich sieht jemand schlecht aus, der von drei Personen beschuldigt wird, sie rassistisch beleidigt zu haben und allein die Anzahl der Aussagen mag als Indiz für ein solches Vorkommnis gewertet werden. Andererseits stellten die vor Ort anwesende Medien auch deutliche Unterschiede fest, was die Formulierungen der befragten Betroffenen anbetrifft. Es riecht ein wenig nach Absprache. Jeder sagt etwas anderes, aber immer ist darin „irgendwas mit Paddeln“ enthalten. Hm.
Aber ist das Szenario wie es die Kläger vorbringen auch wirklich realistisch? Wir haben eine Szene festgehalten, die sich kurz vor der Halbzeitpause in dem ominösen Spiel vor einer guten Woche ereignete. Sirlord Conteh sitzt auf dem Boden, direkt vor ihm steht Dennis Erdmann. Schiedsrichter Kampka läuft herbei, wohl um sich zu erkundigen, was los ist. Kampka sagt im Verfahren aus, dass er keine Beschwerden über rassistische Beleidigungen erhalten habe. Auch nicht in dieser Szene, in der er direkt mit Conteh spricht. Wäre es nicht das normalste der Welt, dem Schiedsrichter in diesem Moment zu sagen, dass er von Erdmann beleidigt wurde? Ist das ein glaubwürdiges Verhalten?
Auch der 1. FC Magdeburg und seine Vertreter selbst lassen jede Möglichkeit aus, auf entsprechende Vorfälle hinzuweisen. Warum? Das Verhalten der Verantwortlichen gibt Spekulationen Raum, denen das Gericht – auch hierfür steht es in der Verantwortung – klar entgegentreten muss. Man kann einem Menschen sehr viel Unrecht zufügen, wenn man ihn fälschlicherweise beschuldigt. Das wissen wir alle. Deshalb müssen für eine Verurteilung klare Beweise vorliegen. Ob man dazu sich nicht deckende Angaben verschiedener Spieler zählen kann, erscheint sehr zweifelhaft.
So wie das Verfahren überhaupt, denn wenn man eine Entscheidung vertagt, um dem Beschuldigten die Möglichkeit einzuräumen, weitere Nachweise einzureichen, ihn aber gleichzeitig zu einer Sperre verknackt, dann hat man ihn bereits verurteilt. Zumindest eben zu einem Spiel Sperre. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der DFB ein politisches Zeichen setzen möchte, dass einseitig gewertet wird, dass es für Dennis Erdmann kein gerechtes Verfahren gibt, dass alles andere als eine Verurteilung trotz nicht klarer Beweislage eine große Überraschung wäre.
Damit könnte der DFB sich und allen Beteiligten einen Bärendienst erweisen, denn wenn ordentliche Gerichte das Verfahren einkassieren, dann sitzt die Gerichtsbarkeit des Verbandes auf der Anklagebank.