Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Mittwochabend Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und eine Neuausrichtung der Bundesregierung angekündigt. „Ich sehe mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von unserem Land abzuwenden,“ erklärte Scholz in einer Rede, in der er die Gründe und Konsequenzen der Entscheidung darlegte. Die langanhaltenden Differenzen über den politischen Kurs hätten das Vertrauensverhältnis unüberwindbar belastet, sodass eine Zusammenarbeit mit Lindner in der Regierung nicht mehr tragbar sei.
Scholz hatte Lindner noch am Mittag ein Kompromissangebot gemacht, das Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft und zur Entlastung der Unternehmen sowie eine höhere Unterstützung für die Ukraine beinhaltete. Lindner zeigte jedoch keine Bereitschaft, das Paket anzunehmen, wie Scholz erklärte: „Wer sich in einer solchen Lage einer Lösung verweigert, handelt verantwortungslos.“ Der Bundeskanzler betonte die Bedeutung der Unterstützung der Ukraine angesichts der jüngsten Entwicklungen in den USA und betonte, dass die deutsche Sicherheit und der gesellschaftliche Zusammenhalt gemeinsam gefördert werden müssten.
In seiner Rede hob Scholz die bisherigen Erfolge der Ampel-Koalition hervor, darunter Fortschritte in der Migrationspolitik und beim Ausbau erneuerbarer Energien. Die Inflation sei gesunken, und Deutschland habe sich erfolgreich auf dem Weg zur Klimaneutralität etabliert. Doch trotz der erzielten Fortschritte stellte er klar, dass die anhaltenden Differenzen mit Lindner und dessen Blockaden zu einer ernsten Belastung für die Regierungsarbeit geworden seien.
Vertrauensfrage und mögliche Neuwahlen
Der Kanzler kündigte für die erste Bundestagssitzungswoche im neuen Jahr eine Vertrauensfrage an. Die Abstimmung über den weiteren Kurs der Regierung soll am 15. Januar stattfinden. Sollte der Bundestag das Vertrauen verweigern, könnten Neuwahlen bis Ende März angesetzt werden. Scholz äußerte sich zuversichtlich, in der verbleibenden Zeit bis Jahresende noch wichtige Vorhaben umzusetzen, darunter Maßnahmen zur Entlastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und zur Stabilisierung der gesetzlichen Renten.
Scholz bekräftigte seine Bereitschaft, mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) in zwei zentralen Fragen – Wirtschaftsstärkung und Verteidigung – zusammenzuarbeiten. Angesichts der wachsenden internationalen Spannungen und des Wahlergebnisses in den USA, das eine Neuordnung der transatlantischen Beziehungen notwendig mache, sei eine schnelle Klärung des politischen Kurses dringend erforderlich.
Scholz fordert politische Verantwortung und Zusammenhalt
Mit einem eindringlichen Appell erinnerte Scholz an die Bedeutung des Dialogs und der Kompromissbereitschaft für die Stabilität Deutschlands. Das politische Klima in den USA, das nach den Wahlen zutiefst gespalten sei, müsse eine Warnung für Deutschland sein, betonte der Kanzler: „Das darf uns in Deutschland nicht passieren.“ Scholz versprach, weiter mit vollem Einsatz für die Stabilität und den Zusammenhalt im Land zu arbeiten.