Oskar Lafontaine: Sondersitzung des Saar-Parlaments zu Corona-Maßnahmen ist richtige Entscheidung – Schließungen von Gastronomie und Kultur-Einrichtungen falsch
Nach der Entscheidung der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten begrüßt es Oskar Lafontaine, dass es am kommenden Dienstag eine Debatte im Saar-Parlament über die beschlossenen Maßnahmen geben wird. Es sei aber höchste Zeit, den von der Linksfraktion schon im Mai im Landtag eingebrachten und auch in der heutigen Bundestagsdebatte geforderten Parlamentsvorbehalt gesetzlich zu verankern, der den Landtag in die Lage versetzt, Regierungs-Entscheidungen wieder aufzuheben. „Das gilt jetzt vor allem im Hinblick auf die Schließung der saarländischen Gastronomie und Kultur-Einrichtungen und das Verbot aller touristischen Hotel-Übernachtungen“, so Lafontaine. „Bei Kneipen und Restaurants hat selbst das Robert-Koch-Institut von einer Schließung abgeraten, weil sie keine Infektionstreiber sind. Zudem hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes die Vorverlegung der gesetzlichen Sperrstunde unter Verweis auf die Daten des RKI gekippt, die zum Ergebnis kommen, dass Gaststätten gegenüber Privathaushalten, Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern oder dem Arbeitsplatz eine untergeordnete Rolle im Infektionsgeschehen spielen. Daher ist mit weiteren Klagen zu rechnen. Zudem beantworten die jetzt getroffenen Maßnahmen nicht die Frage, was passiert, wenn sie ganz oder teilweise wieder aufgehoben werden und die Infektionszahlen, wie in anderen Ländern, wieder deutlich ansteigen. Daher plädiere ich nachhaltig dafür, die Alternativvorschläge der Kassenärztlichen Vereinigung und einiger Wissenschaftler, wie die Virologen Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit, bei den Entscheidungen zu berücksichtigen. Sie schlagen vor, die Maßnahmen auf den Schutz der Älteren und Kranken zu konzentrieren und eine Corona-Ampel einzuführen, die nicht nur die Zahl der Neu-Infektionen, sondern auch die Krankenhausbelegung und die Zahl der belegten Intensivbetten einbezieht. Diese Vorschläge haben den Vorteil, dass sie auf einen längeren Zeitraum angelegt sind und die Chance bieten, mit gezielten Maßnahmen die Folgen der Pandemie zu minimieren. Die Kassenärztliche Vereinigung verweist auf ‚die Unterlassung anderer dringlicher medizinischer Behandlungen, ernstzunehmende Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen durch soziale Deprivation und Brüche in Bildungs- und Berufsausbildungsgängen, den Niedergang ganzer Wirtschaftszweige, vieler kultureller Einrichtungen und eine zunehmende soziale Schieflage als Folge.‘“