Hoher Besuch in Sulzbach. Nicht nur der Bürgermeister der Stadt Sulzbach, sondern auch der Ministerpräsident des Saarlandes befindet sich gegenwärtig auf „Sommertour“, begleitet von einem Tross von „social media Mitarbeitern“, die gleich mit mehreren schweren Kameragimbals versuchen, jede Bewegung von Tobias Hans einzufangen. Hinzu kamen Presse- und persönliche ReferentInnen. Sogar Alexander Zeyer, der Regierungssprecher, war vor Ort im Hessenland. Ganz großer Bahnhof. Die Veranstaltung wies daraufhin, wie gegenwärtig die Medienwelt funktioniert: Es geht um Selbstmarketing, Selbstinszenierung. und natürlich die bevorstehenden Bundestags- und Landtagswahlen. Von den „klassischen“ Medien war niemand außer uns vor Ort. Bedauerlich, denn die Mitarbeiter der Staatskanzlei haben in ihren Recherchen einen wirklichen Innovator ausfindig gemacht, der mit geringen Mitteln ganz erstaunliche Produkte entwickelt.
Michael Gerstenmayer heißt dieser Mann und er stammt aus einer Sulzbacher Handwerkerfamilie. Was den „MP“ nach Sulzbach brachte ist eine Erfindung, die fast unglaublich anmutet. Gerstenmayer ist mittels eines von ihm erfundenen Verfahrens in der Lage, Echtholzfurnier zu falten. Origami nennt er das Ergebnis, das unter der Verwendung von recycletem Baumwollgewebe und Knochenleim entsteht. „Das ist fast schon Kunsthandwerk“ sagte Ministerpräsident Hans während der Vorführung des Verfahrens. Aus den dünnen Holzfurnierplatten entstehen stabile, ultraleichte Formen, die Gerstenmayer auch zur Herstellung von Möbelstücken nutzt, wobei die „Origamiplatten“ mit normalem Furnier oben und unten verbunden werden, so dass sie den Körper des Möbels bilden.
Die Ausstattung seiner Schreinerei besteht aus einer Mixtur aus uralten Handwerksmaschinen- und -vorrichtungen, gepaart mit moderner CNC- und Computertechnik, sowie einem 3D-Drucker, der mit einem Material aus Tschechien arbeitet, das auch haushaltsmäßig kompostierbar ist. Denn neben dem Erfinden neuer Produktionstechniken liegt Michael Gerstenmayer die Schonung von Ressourcen sehr am Herzen. Weitere Erfindungen wie Deckelsysteme für Regale in Unverpacktläden oder spezielle, hochwertige Metallgravuren konnte Gerstenmayer noch zusätzlich präsentieren. Der Ministerpräsident und seine BegleiterInnen staunten nicht schlecht.
Doch ein Problem verfolgt den Sulzbacher: Er besitzt zwar eine abgeschlossene Ausbildung als Schreiner, jedoch keinen Meistertitel. Die in Deutschland scharfen Regeln des Handwerksrecht erlauben Michael Gerstenmayer gegenwärtig nicht, die Produkte, die er herstellt, zu verkaufen. So lautete zumindest die Auskunft der entsprechenden Stelle der Handwerkskammer. Wie gut, dass Bernd Wegner, der Präsident des Saarländischen Handwerks, zugegen war. Er will sich der Sache annehmen. Ein Ansinnen, das bei allen Besuchern auf positive Resonanz stieß, denn seinen Lebensunterhalt kann Michael Gerstenmayer gegenwärtig nicht aus seinen Erfindungen erzielen. Er handelt mit Handwerksmaschinen.
Sollte die gesetzliche Bremse gelöst werden, könnte der Sulzbacher Unternehmer mit seiner Furniertechnik sicherlich sehr interessante Produkte anbieten, die nicht nur funktionell, sondern auch vom Design her überzeugen.
