StartThemenMissbrauchsbeauftragter und Deutsches Jugendinstitut (DJI) stellen Monitoring-Bericht zur Prävention sexueller Gewalt vor

Missbrauchsbeauftragter und Deutsches Jugendinstitut (DJI) stellen Monitoring-Bericht zur Prävention sexueller Gewalt vor

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Missbrauchsbeauftragter Rörig: 

„Der Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt hängt in Deutschland noch viel zu oft vom Zufall oder Engagement Einzelner ab. Der DJI-Bericht zeigt deutlich: Kitas, Schulen oder auch Sportvereine benötigen gesetzliche Vorgaben und zusätzliche Ressourcen, damit Schutz und Hilfen überall selbstverständlich werden.“ 

Berlin, 04.09.2019. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) und das Deutsche Jugendinstitut e. V. (DJI) haben am Mittwoch in Berlin den Monitoring-Bericht „Kinder und Jugendliche besser schützen – der Anfang ist gemacht. Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt in den Bereichen: Bildung und Erziehung, Gesundheit, Freizeit“ vorgestellt. 

Der Abschlussbericht ist das Ergebnis eines mehrjährigen Monitorings (2015 – 2018) zu Schutzkonzepten* gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Untersucht wurde, welche Maßnahmen zum Beispiel in Kitas, Schulen, Heimen, Internaten, Kliniken, Praxen oder Sportvereinen zum Schutz vor sexueller Gewalt inzwischen verwirklicht werden. Dazu zählen beispielsweise Fortbildungen für Fachkräfte, Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche, Infoabende für Eltern, interne und externe Beschwerdemöglichkeiten und ein Handlungsplan bei einem Verdacht. Mit dem bundesweiten Monitoring hatte der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) das Deutsche Jugendinstitut (DJI), eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Deutschlands, beauftragt. In fast 5.000 Einrichtungen wurden Leitungen und Fachkräfte befragt, welche Schutz- und Hilfeangebote sie einsetzen und auf welche Schwierigkeiten sie bei der Umsetzung stoßen. 

Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: Rörig: „Dieser aktuelle Zustandsbericht zum Stand der Prävention sexueller Gewalt gegen Minderjährige sollte Politik und Gesellschaft aufschrecken lassen. Wenn wir wollen, dass Kinder und Jugendliche in allen Einrichtungen maximalen Schutz und maximale Hilfe erhalten, brauchen wir hierfür eine gesetzliche Verbindlichkeit und eine viel stärkere Unterstützung der Einrichtungen vor Ort. Kitas, Schulen, Sportvereine, Kliniken und Praxen oder das religiöse Leben haben eine zentrale Rolle beim Schutz von Kindern und Jugendlichen. Hier müssen Mädchen und Jungen, die sexuelle Gewalt in ihrer Familie, durch Gleichaltrige oder zum Beispiel bei der Nutzung digitaler Medien erleiden, Hilfe finden können. Schutz und Hilfe hängen aber noch viel zu oft vom Zufall oder Engagement Einzelner ab und werden zu wenig als Qualitätsmerkmal einer Einrichtung gesehen. Träger und Leitungen von Einrichtungen und Organisationen, aber auch Bund, Länder und Kommunen müssen sich noch viel konsequenter für den Kampf gegen sexuelle Gewalt und ihre Folgen einsetzen, auch durch die Bereitstellung zusätzlicher personeller und finanzieller Ressourcen.“ 

Prof. Dr. Sabine Walper, Forschungsdirektorin des DJI: „In den vergangenen Jahren ist einiges geschehen, um Kinder besser vor sexueller Gewalt und Missbrauch zu schützen. Die große Mehrheit der Einrichtungen und Institutionen, die wir im Bereich Kita, Schule oder ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung befragt haben, hat zwar einzelne Elemente von Schutzkonzepten umgesetzt. Umfassende Schutzkonzepte gibt es allerdings bisher eher selten. Ziel aller Anstrengungen muss es sein, dass unsere Institutionen keine Tatorte sind, sondern Orte, an denen Kinder kompetente Hilfe finden, wenn sie – wo auch immer – mit sexueller Gewalt konfrontiert sind. Schutzkonzepte sind ein wesentliches Instrument, um dieses Ziel zu erreichen.“ 

Zentrales Fazit: Schutzkonzepte brauchen gute Rahmenbedingungen und müssen verpflichtend werden 

Die DJI-Ergebnisse zeigen, dass umfassende Schutzkonzepte noch in keinem Bereich flächendeckend umgesetzt sind und die Entwicklung in den einzelnen Handlungsfeldern sehr unterschiedlich ist. Prävention und Intervention bei sexueller Gewalt gelingt vor allem dort, wo es entsprechende Rahmenbedingungen und gesetzliche Verpflichtungen gibt wie in Kitas oder anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. In Schulen führen dagegen häufiger erst konkrete (Verdachts-)Fälle zum Engagement. Immerhin gibt jedes dritte Heim an, ein umfassendes Schutzkonzept entwickelt zu haben, dies gilt allerdings nur für etwa jede zehnte Schule. 

„Es ist bedenklich, dass gerade in Schulen, in denen wir alle Kinder erreichen können, die Entwicklung und Umsetzung von Schutzkonzepten noch so wenig fortgeschritten ist“, so Rörig. „Rein statistisch sind ein bis zwei Kinder in jeder Schulklasse in verschiedenen Kontexten von sexueller Gewalt betroffen. Sie brauchen sensibilisierte Fachkräfte, die ihre Signale erkennen und wissen, an wen sie sich bei Vermutung und Verdacht wenden können.“ Erfreulich ist, dass sich inzwischen alle Bundesländer der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ angeschlossen haben. Rörig appellierte an die Kultusministerien, jetzt weitere Schritte zu gehen: „In die Schulgesetze sollte die Verpflichtung der Schulen aufgenommen werden, Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt einzuführen.“ Die Länder sollten sich zudem gesetzlich verpflichten, ihren Schulen die dafür notwendigen Ressourcen bereit zu stellen, zum Beispiel für Fortbildungen, Zeitkapazitäten für das Personal oder externe fachliche Begleitung bei Prävention und Intervention.“ 

Prof. Dr. Walper: „Schutzkonzepte sind ein bedeutsamer Teil gesellschaftlicher Bemühungen, Kinderrechte zu stärken und den Kinderschutz zu verbessern. Durch das Monitoring ist es jetzt möglich, über Fortschritte und noch ungelöste Probleme in diesem Bereich zu sprechen. Wir haben beim Monitoring gemerkt: Einrichtungen wollen wissen, wie sie Schutzkonzepte am besten ausgestalten, damit sexuelle Gewalt zurückgedrängt wird und betroffene Kinder eher den Mut fassen, Hilfe zu suchen. Deshalb wäre es für die Praxis jetzt der nächste wichtige Schritt zu untersuchen, welche Elemente von Schutzkonzepten besonders erfolgversprechend sind und wie diese am effektivsten zusammenspielen, und hierbei auch geeignete Befragungsformen und Beteiligungsformate für Kinder und Jugendliche zu entwickeln.“

Weitere Informationen und Hilfeangebote: 

www.beauftragter-missbrauch.de 

www.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de 

www.kein-raum-fuer-missbrauch.de 

www.hilfeportal-missbrauch.de 

Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: Tel. 0800 2255530 (kostenfrei und anonym) 

 

 

 

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