Am vergangenen Sonntag demonstrierten rund 20.000 Menschen in Saarbrücken im Rahmen der 530. Montagsdemo gegen die Hartz-Gesetze und als Zeichen antifaschistischer Solidarität. Die Veranstaltung, die in Kooperation mit der großen „ZusammenHALT“-Demo stattfand, richtete sich zudem gegen Maßnahmen, die unter anderem mit CDU-Chef Friedrich Merz in Verbindung gebracht werden.
Auf dem offenen Mikrofon erklärte Rolf Tickert, Direktkandidat der Internationalistischen Liste / MLPD in Saarbrücken, seine Vision eines modernen Sozialismus:
„Ihr wisst ja, ich bin für einen echten, modernen Sozialismus. Die Demo gestern war ja selbst eine Art ‚Sozialismus im Kleinen‘: Verschiedene Gruppen und unterschiedliche Menschen einigen sich auf eine Aufgabe, alle Fähigkeiten kommen zusammen, Organisation, Kultur, Inhalte, demokratische Absprachen…Wer sagt also, das könnte nicht funktionieren?“
Zahlreiche Redebeiträge kritisierten dabei grundlegend die bestehende Wirtschaftsordnung. Es wurde moniert, dass die Profitwirtschaft und der Wettbewerb als alleinige Triebkraft des wirtschaftlichen Handelns negative Konsequenzen für die Gesellschaft hätten. Die DemonstrantInnen äußerten zudem große Befürchtungen hinsichtlich der Zukunft und forderten eine Neubewertung politischer Prioritäten.
So betonte eine Familiengruppe mit drei kleinen Kindern:
„Bildung, unbedingt, kommt viel zu kurz in der Politik!“
Auch Forderungen an die politische Willensbildung kamen laut zu den Worten eines Rentners:
„Mir ist wichtig, dass jetzt richtige Wahlentscheidungen getroffen werden. Das ganze Taktieren von wegen ‚das kleinere Übel wählen‘ hat uns bis fast an den Abgrund gebracht. Man braucht Prinzipien. Als Antifaschist ist für mich klar: AfD scheidet aus. Ebenso CDU /CSU und auch FDP und BSW als Wasserträger der Faschisten. Zum Rest der Parteien gehe ich so vor: ich schaue mir die Programme genau an und die Leute auch. Dann wähle ich nach Arbeiter-Interessen, egal wie groß oder klein eine Partei ist.“
Auch Missstände im sozialen Sicherungssystem standen im Mittelpunkt der Diskussion. Ein Demonstrant berichtete von seinen Erfahrungen mit dem Jobcenter:
„Ich fordere, dass wir Bürgergeld-Betroffene als Menschen behandelt werden! Ich hatte mit Müh‘ und Not vor Wochen einen Termin für heute beim Jobcenter ergattert, Stichwort ‚Warteschleife‘. Bezahle also für die Fahrt teures Geld, komme in die Hafenstraße – und dann heißt es, die Sachbearbeiterin sei krank. Ich soll mir einen neuen Termin holen – telefonisch natürlich. Auf meinen Einwand, warum man mich derart kalt auflaufen lässt, gleich eine patzige Reaktion. Diese Überheblichkeit sagt alles: ‚Ihr Bürgergeld-Empfänger seid nichts wert!‘ Das sagt doch was über diese ganze Gesellschaftsordnung!, das darf so nicht weitergehen mit einem Menschenbild, welches die Masse erniedrigt.“
Weitere Beiträge beschäftigten sich mit dem Einfluss einer faschistischer Rhetorik auf den alltäglichen Sprachgebrauch. Ein Sprecher machte deutlich, dass die zunehmende Übernahme von Begriffen aus der rechten Rhetorik gestoppt werden müsse:
„Dass die Sprechweise der Faschisten unwidersprochen in die ‚bürgerliche Mitte‘ und nach und nach in den alltäglichen Sprachgebrauch der Gesellschaft eindringen kann, wie wir es erleben, muss aufhören. Dagegen kämpfen heißt, man muss erst mal das zynische Spiel mit den Begriffen durchschauen. ‚Illegale Einwanderer‘, ‚Zustromgesetz‘, aber auch die Kennzeichnung Geflüchteter als ‚Das Ganze muss raus / Das darf nicht rein‘ sind solche Begriffe, die eine regelrechte Dämonisierung und Entmenschlichung aller Menschen mit Migrationsgeschichte betreiben.“
Auch die aktuelle Wahlwerbung der AfD geriet in die Kritik. Ein Redner zog dabei scharfe Vergleiche zur Vergangenheit:
„Der moderne Faschismus kommt anders daher als der Hitler-Faschismus. Was mich aufregt: Die schreiben unter das Bild einer schwangeren Frau ‚Neue Fachkräfte? Machen wir selbst‘. Das erinnert wesentlich an das Mutterbild des Hitler-Faschismus. Zugleich transportiert es die angebliche Lösung des häufig von den Unternehmern beklagten Fachkräftemangels. Tatsache ist aber, diesen Mangel haben sich die Firmen wesentlich selbst zuzuschreiben: Konzerne haben viele Jahre lang die Ausbildungsplätze zusammengestrichen. Ganze Lehrwerkstätten werden zugemacht. Zu teuer für den Augenblicks-Profit. Das ist aber kein Thema der AfD – und auch nicht bei der CDU/CSU.“
VertreterInnen der Internationalistischen Liste / MLPD warben zudem für konkrete sozialpolitische Maßnahmen, darunter die Verpflichtung einer „10% Ausbildungsquote in Großbetrieben“ sowie die Einführung einer Sozialsteuer von 8% des Umsatzes eines Unternehmens, um die Sozialversicherungsbeiträge vollständig von den Unternehmern tragen zu lassen.
Die OrganisatorInnen wiesen abschließend darauf hin, dass im März aufgrund des Rosenmontags die Montagsdemo ausfällt. Stattdessen sei ein Umzug in Burbach geplant.
Die vielfältigen Redebeiträge spiegelten die Unzufriedenheit mit der bestehenden Wirtschafts- und Sozialpolitik wider und forderten einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Gerechtigkeit und gelebter Solidarität.