Karen und Gerard Amsterdam aus San Diego besuchten im September St. Ingbert, um auf den Spuren ihrer jüdischen Vorfahren der Familie Ochs zu wandeln. Die Familie Ochs lebte mehrere Jahrzehnte in St. Ingbert und wurde während des Holocausts verfolgt. Der Besuch der Amsterdams diente der Auseinandersetzung mit ihrer Familiengeschichte und führte sie an die Orte, die einst das Zuhause ihrer Vorfahren waren.
Die Geschichte der Familie Ochs in St. Ingbert
Anfang des 20. Jahrhunderts zog Hugo Scholem mit seiner Familie nach St. Ingbert und eröffnete ein Textilwarengeschäft in der Kaiserstraße. Das Geschäft war erfolgreich und wurde später von seinem Schwiegersohn Theodor Ochs bis 1932 weitergeführt. Mit der zunehmenden Diskriminierung jüdischer Geschäftsleute sah sich die Familie jedoch gezwungen, das Geschäft zu schließen, und es wurde 1934 zwangsversteigert. Die Familie Ochs lebte zu dieser Zeit in der Ensheimer Straße 35, an deren Standort heute Stolpersteine an die Familie erinnern.
In den 1930er Jahren verschärfte sich der Druck auf jüdische Familien in Deutschland. Pauline und Theodor Ochs flohen mit ihren Kindern Eva Heimann (geb. Ochs), Rudolf und Erich nach Belgien und in die Niederlande. Theodor Ochs verstarb 1941 in Belgien. Pauline, Eva und Erich wurden später deportiert und in Konzentrationslagern ermordet. Nur der Sohn Rudolf überlebte, indem er nach Palästina flüchtete. Zwei Generationen später besuchten Karen Amsterdam und ihr Mann die Orte, die für ihre Vorfahren von so großer Bedeutung waren.
Erinnerung an die Familie Ochs in St. Ingbert
Das Besuchsprogramm der Amsterdams begann mit einem Empfang im Rathaus, bei dem Ortsvorsteherin Irene Kaiser sie herzlich begrüßte. Anschließend besuchten sie die Ensheimer Straße 35, das frühere Wohnhaus der Familie Ochs, wo die verlegten Stolpersteine an die Familie erinnern. Während eines gemeinsamen Mittagessens in der Fußgängerzone gab es die Gelegenheit, über die Geschichte der Familie Ochs und die Bedeutung des Besuchs zu sprechen. Zum Abschluss führte die Reise die Amsterdams zum jüdischen Friedhof, wo sie mehr über das jüdische Erbe von St. Ingbert erfuhren.
Beitrag zur Erinnerungskultur
Der Besuch der Nachfahren der Familie Ochs ist ein bedeutender Beitrag zur Erinnerungskultur der Stadt. Er verdeutlicht die enge Verbindung persönlicher Schicksale mit der Geschichte von St. Ingbert und zeigt, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Opfer des Holocaust lebendig zu halten.
Dieter Wirth, ehemaliger Stadtarchivar, widmete sich während seiner 27-jährigen Tätigkeit im Stadtarchiv intensiv der Recherche über das Leben jüdischer Mitbürger in St. Ingbert. Zwischen 2014 und 2020 konnte er insgesamt 52 Stolpersteine in der Stadt verlegen, darunter auch jene an der Ensheimer Straße 35, die an die Familie Ochs erinnern.