Nach dem mehr als souveränen 4:0 Heimerfolg über den TSV 1860 München am letzten Samstag, reist der 1.FC Saarbrücken zum nächsten Krisenteam, dem SV Sandhausen. Der Tabellendreizehnte befindet sich im Moment in einer beispiellosen Abwärtsspirale.
Zur Einordnung: Nach Spieltag 14 stand man auf dem ersten Platz, sechs Spiele und sechs Niederlagen später, finden sich die Sandhäuser auf Platz 13 wieder. Dieser Negativserie zu Folge musste Trainer Sreto Ristic nach dem 0:2 in Köln seine Koffer packen, und Kenan Kocak wurde neuer Trainer.
Kocak ist in Sandhausen ein alter Bekannter, so war er bereits von Juli 2016 bis Oktober 2018 Trainer des SVS. Mit ihm konnte man unter anderem in der Saison 2016/17 Platz 10 der zweiten Bundesliga erreichen, was die beste Platzierung der Vereinsgeschichte darstellt. Weitere Stationen von Kocak waren Hannover 96, Co-Trainer der türkischen Nationalmannschaft unter Stefan Kuntz und zuletzt trainierte er den türkischen Zweitligisten Ankaragücü. In der türkischen Hauptstadt konnte er in seinem halben Jahr einen starken Punkteschnitt von 1,86 Punkten pro Spiel verzeichnen. Beim SV Sandhausen tritt er nun mit den Aufgaben an, eine neue Euphorie zu entfachen, den Abstiegskampf zu vermeiden, und laut eigener Aussage „weniger zu reden, mehr machen“.
Sandhausen hat eine mehr als chaotische Saison hinter sich, so wurden bereits Trainer und Sportdirektor beurlaubt, im Winter heuerte Bernd Nehrig als Teammanager an, verließ den Verein allerdings bereits nach zwei Tagen aufgrund privater Gründe.
Sportlich ist der SVS im Moment noch etwas schwerer einzuschätzen, da man eben erst ein Pflichtsspiel unter dem neuen Trainer absolvierte. Dieses ging allerdings gehörig schief.
So lieferte man bei der 2:3 Niederlage in Osnabrück ein schwaches Spiel ab, insbesondere die linke Defensivseite erwischte einen schwierigen Tag.
Die erste Änderung, die Trainer Kocak vornahm, war eine Rückkehr zur Viererkette, mit der Sandhausen unter Ristic zwar in die Saison gestartet war, jedoch nach einiger Zeit stets in der Dreierkette auflief.
Sandhausen startete im 4-2-3-1, ein System welches Kocak zuletzt oft in seiner erfolgreichen Station in Ankara spielen ließ. Im Tor begann Nikolai Rehnen, einer von 5 Torhütern, die beim SVS unter Vertrag stehen.
Die Viererkette bildeten die beiden Innenverteidiger Jeremias Lorch und Kapitän Jakob Lewald. Diese Beiden kommen zusammen bereits auf 6 Tore, die allesamt nach Standards erzielt wurden. Links spielte Jonas Carls, rechts Niklas Kreuzer.
Die Doppelsechs bildeten Marco Schikora, dieser wird gegen Saarbrücken gelbgesperrt fehlen, und Alexander Mühling.
Rechts offensiv startete Sebastian Stolze, welcher ebenfalls die fünfte Gelbe sah. Links vorne spielte Emmanuel Iwe, der flinke US-Amerikaner war im Sommer ebenfalls im Probetraining in Saarbrücken, allerdings entschied der Verein sich gegen eine Verpflichtung. Sandhausen wiederum holte ihn und nach 20 Spielen mit sechs Scorern lässt sich diese Verpflichtung als gelungen bezeichnen.
Auf der 10 begann David Otto, der bereits sieben Scorer aufweist und im Sturm steht mit Dominic Baumann ein erfahrener Drittligastürmer, welcher bis dato neun Mal treffen konnte in dieser Saison.
Auf dem Papier eine durchaus überzeugende Mannschaft, Spieler wie Schikora, Baumann oder Otto könnten individuell sicherlich auch eine Klasse höher spielen. Als Team jedoch funktionierte an der Bremer Brücke, wie auch in den Wochen vor der Winterpause, wenig.
Osnabrück schaffte es immer wieder über die linke Abwehrseite des SVS durchzubrechen, in der Mitte konnte der großgewachsene Stürmer Marcus Müller die Innenverteidiger binden, der Rückraum war völlig blank und ein offensiv aufgerückter Mittelfeldspieler kam frei zum Abschluss. So kam es bereits nach fünf Minuten zu einer Riesenchance durch den Osnabrücker Kayo, der frei vergab, die ersten beiden Gegentore entstanden nach diesem Muster, nach der Pause gab es weitere ähnliche Situationen.
Osnabrück hätte in diesem Spiel praktisch 4-5 Tore durch die selbe Art und Weise erzielen müssen. Interessant hierbei ist, dass der 1.FC Saarbrücken durchaus über das Spielermaterial verfügt es ähnlich anzugehen. So hat man mit Stehle einen flinken Rechtsaußen, der bereits sieben Vorlagen zu verzeichnen hat, Brünker ist stets in der Lage gegnerische Innenverteidiger zu binden und mit Civeja und Vasiliadis werden zwei offensivstarke Achter vermutlich starten. Natürlich ist es viel zu einfach gedacht, dieses Muster eins-zu-eins zu kopieren, es ist aber nur ein Beispiel von vielen Schwächen, die in der Sandhäuser Abwehr offenbart wurden.
Offensiv brachte man auch nicht viel zu Stande, so kam das frühe 0:1 durch Baumann völlig aus dem Nichts und sollte die einzige wirkliche Chance in der ersten Halbzeit darstellen. Dennoch ließ dieses Tor bereits eine Stärke der Sandhäuser erkennen, so konnte Iwe nach gutem Steckpass von Otto sein Tempo auf den Außen nutzen, um dann perfekt für Baumann in der Mitte aufzulegen. Auch in der zweiten Halbzeit kam es direkt nach Wiederanpfiff zu einer Konterchance durch den eingewechselten Winterneuzugang Justin Butler. Das Spiel in Osnabrück bewies: Geht es schnell, wird es gefährlich. Zudem konnte Lorch eines seiner 4 Tore nach Standards erzielen, zweifelsohne eine weitere offensive Stärke des SVS.
Das Aufbauspiel war einfach zu erkennen. Die Viererkette staffelte sich breit über das Feld, und Schikora diente als Anspielstation vor der Kette. Jedoch wurde er selten als Verbindungsspieler eingesetzt und es kam tendenziell eher zu ideenlosen weiten Bällen der Außenverteidiger.
Die Wechsel zur Pause, brachten eine Umstellung auf Dreierkette mit zwei Stürmern und ein weitaus aggressiveres Pressing als in der ersten Halbzeit mit sich. Der zweite Durchgang lief zwar auch nicht gut, dennoch weitaus besser als Durchgang eins. Somit sollte es als möglich gelten, dass Kocak sich für diese Formation von Beginn an entscheiden könnte.
Es ist trotz dieses schlechten Starts wichtig zu erwähnen, dass Kocak bisher wenig Zeit hatte mit diesem Team zu arbeiten, dazu kommen weitere Verstärkungen für Sandhausen. So wurde unter der Woche der schwedische Stürmer Viktor Granath verpflichtet. Dieser misst 1,94 und traf in der letzten Saison sieben Mal in der ersten schwedischen Liga. Es ist also davon auszugehen, dass der 1.FC Saarbrücken auf ein Sandhäuser Team trifft, was sicherlich verunsichert, dennoch in ihren Abläufen sicherer ist, als eine Woche zuvor.
Für Trainer Rüdiger Ziehl gibt es wenig Grund zu Veränderung. Die neu in der Startelf stehenden Spieler Civeja, Rabihic und Sonnenberg lieferten vergangene Woche vermutlich allesamt ihr bisher bestes Saisonspiel ab. Dazu kommt eine große Fanunterstützung mit ungefähr 3.000 Saarbrückern in Sandhausen. Zum Vergleich: Das letzte Heimspiel des SVS gegen Aue besuchten gerade einmal 3.188 Zuschauer.
Es wird definitiv eine kompliziertere Aufgabe als gegen 60, dennoch mit einer Heimspielatmosphäre und der, vor allem auch offensiv, starken Leistung gegen München im Rücken, gilt für den FCS am Samstag um 16:30 im Hardtwald-Stadion nichts anderes als ein Sieg. Insbesondere da Cottbus und Dresden aufeinander treffen und somit der Abstand im Falle eines Sieges hundertprozentig verringert würde.