Die neuen Mitglieder der Landesregierung stehen fest: Die kommende Ministerpräsidentin setzt auf Frauen und Männer mit Regierungs- und Verwaltungserfahrung. Das wirkt zunächst wenig aufregend. Bis auf den einzigen Zugereisten im Kabinett, Jakob von Weizsäcker, kennen sich alle – wie das im Saarland so ist. Hoffentlich wird der neue Finanzminister nach seinem Wechsel aus Berlin in die tiefste Provinz keinen Kulturschock erleiden. Wir können sicher sein, dass der bisherige Chefvolkswirt im Bundesfinanzministerium die prekäre Lage kennt. Als Wissenschaftsminister stellt er für unser Land schon jetzt einen Quantensprung dar gegenüber seinem Vorgänger.
Die Struktur- und Finanzprobleme des Saarlandes sind enorm. Fast in allen bundesweiten Statistiken, sei es zu Einkommen, Finanzkraft, demografischer Entwicklung, Wirtschaftswachstum etc. reiht sich das Saarland mittlerweile ein unter die schwächsten Bundesländer.
Für die aktuelle Lage des Landes gibt es noch immer Gründe, die in der besonderen Geschichte des Landes liegen. Das Saarland kam wirtschaftlich erst 1959 zur Bundesrepublik, als viele Pfründe schon vergeben und wesentliche ökonomische und administrative Entscheidungsstrukturen bereits verteilt waren. Das kleine Land verlor durch die Stärke der D-Mark zudem vorherige Absatzmärkte in Frankreich. So war die Saar letztlich zurückverwiesen auf die Aufgabe, das deutsche Wirtschaftswunder mit Kohle zu befeuern und mit Stahl zu beliefern.
Wer heute mit offenen Augen durchs Land fährt, sieht allenthalben noch die Folgen dieser rücksichtslosen Ausbeutung von Mensch und Natur durch eine dominante Schwerindustrie. Gleichzeitig ist diese industrielle Prägung aber auch das Fundament, auf dem mit smarteren Technologien aufgebaut wird und werden muss. Benötigt werden neue industrielle Wertschöpfungsketten, gestaltet von Unternehmen und Fachkräften mit Entscheidungskompetenz vor Ort. Von Dienstleistung allein wird die Region nicht leben können. Es wird die Aufgabe der neuen Landesregierung sein, verlässliche politische und gute soziokulturelle Rahmenbedingungen zu schaffen für die Entwicklung innovativer Kräfte. Fortschritt muss wieder positiv gedacht werden.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der schwierigen Ausgangslage des Landes braucht es eine Regierung, die sich als Arbeitsgruppe versteht. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger hat ein arbeitsfähiges Team zusammengestellt, dem man viel Glück und Erfolg wünschen sollte – in unser aller Interesse.
Als Medienschaffende sehen wir interessanten Zeiten entgegen!