Sulzbach – Am 25. August fand in Sulzbach eine Gedenkveranstaltung anlässlich des 90. Jahrestages der größten Anti-Hitler-Demonstration auf deutschem Boden statt. Unter dem Motto „Nie zu Hitler“ wurde der 60.000 Menschen gedacht, die sich im Jahr 1934 mutig gegen den aufkommenden Nationalsozialismus und den Anschluss des Saarlandes an das Deutsche Reich stellten.
Die Sulzbacher Landtagsabgeordnete Flora Elisa Schröder eröffnete die Veranstaltung und würdigte den historischen Widerstand, der von einer breiten Einheitsfront getragen wurde. „Die Menschen, die damals ihr Leben riskierten, um gegen die drohende Diktatur zu protestieren, hinterlassen uns ein Vermächtnis, das uns bis heute verpflichtet,“ betonte Schröder. Sie rief dazu auf, den Geist dieses Widerstands auch in der heutigen Zeit zu bewahren und sich entschieden gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus zu stellen.
Ministerpräsidentin Anke Rehlinger nutzte per Videonachricht die Gelegenheit, um auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen einzugehen. In ihrer Rede hob sie die Parallelen zwischen den damaligen und heutigen Bedrohungen für die Demokratie hervor und warnte eindringlich vor der Wiederkehr rechtsextremer Ideologien. „Das Engagement für Demokratie und Menschenrechte ist heute so wichtig wie damals,“ sagte Rehlinger. „Wir dürfen nie aufhören, für die Werte von Freiheit, Gerechtigkeit und Toleranz zu kämpfen.“
Dr. Frank Hirsch, Historiker und Experte für die Geschichte des Widerstands im Saarland, hielt einen eindringlichen Vortrag, in dem er die Ereignisse von 1934 in einen größeren historischen Kontext stellte. Hirsch betonte, dass die Demonstration in Sulzbach ein außergewöhnliches Zeichen des Mutes und der Entschlossenheit war. „Diese Menschen wussten, dass sie einem übermächtigen Gegner gegenüberstanden, aber sie hatten den Mut, sich gegen die Tyrannei zu stellen,“ sagte Hirsch. Er mahnte, die Lehren aus der Geschichte nicht zu vergessen und erinnerte daran, dass auch heute Zivilcourage und Widerstand gegen Unrecht gefragt seien.
Timo Ahr eröffnete seine Rede mit einem Zitat des spanischen Philosophen George Santayana: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ Dieses Zitat, so Ahr, bringe treffend auf den Punkt, warum die Erinnerungsarbeit auch heute noch von zentraler Bedeutung sei. Er sprach den zahlreichen engagierten Personen, die dafür sorgen, dass die Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus lebendig bleibt, seinen Dank aus. „Es liegt an meiner Generation und den nachfolgenden, diese Erinnerungsarbeit fortzusetzen und die Lehren der Vergangenheit wachzuhalten,“ betonte Ahr.
Der stellvertretende DGB-Vorsitzende zog in seinem Vortrag Parallelen zwischen den politischen Entwicklungen der 1930er Jahre und der heutigen Zeit. Er verwies auf die Weltwirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und soziale Unsicherheiten, die damals wie heute Nährboden für extremistische Ideologien boten. „Die einfachen Antworten, die damals wie heute von extremen Parteien angeboten werden, sind gefährlich und müssen entschieden bekämpft werden,“ so Ahr.
Besonders besorgt zeigte sich Ahr über die Rolle der sozialen Medien und neuer Technologien wie der Künstlichen Intelligenz, die es extremistischen Gruppierungen heute ermöglichen, ihre Propaganda schnell und weitreichend zu verbreiten. „Die politische Rhetorik, die wir heute in den sozialen Medien erleben, erinnert in erschreckender Weise an die Propaganda der 1930er Jahre,“ warnte Ahr und forderte die Politik auf, diesen Entwicklungen entschieden entgegenzuwirken.
In Bezug auf die aktuelle politische Lage in Deutschland äußerte Ahr seine Sorge über das Erstarken rechtsextremer Parteien. „Unsere Demokratie ist in Gefahr,“ mahnte er und betonte, dass es Aufgabe aller Demokraten sei, sich diesem Trend entgegenzustellen. Er kritisierte insbesondere die AfD, die sich als Partei des „kleinen Mannes“ inszeniere, in Wirklichkeit aber alles tun würde, um hart erkämpfte Arbeitnehmerrechte zu untergraben.
Ahr appellierte an die Teilnehmer, den Kampf gegen Rechtsextremismus und für soziale Gerechtigkeit gemeinsam und über Parteigrenzen hinweg zu führen. „Nur wenn wir uns nicht spalten lassen und gemeinsam für die Grundpfeiler unserer Demokratie einstehen, können wir den Kräften rechts der Mitte entgegentreten,“ schloss Ahr seine Rede.
Zum Abschluss seiner Rede wandte sich Ahr emotional an die zukünftigen Generationen. Er betonte die Verantwortung, die Erinnerung an die Gräueltaten der Vergangenheit zu bewahren, damit kommende Generationen in einer Welt aufwachsen können, die frei von den Schrecken des Nationalsozialismus ist. „Lasst uns alles dafür tun, dass unsere Kinder und Enkel in einer Gesellschaft leben, die aus der Geschichte gelernt hat,“ appellierte Ahr abschließend.
Es blieb Fred Herger, dem stellvertretenden Vorsitzenden der saarländischen Naturfreunde, vorbehalten, die Erinnerungsarbeit darzustellen, die das Bündnis „Bunt statt Braun“ geleistet hatte. Ein Ergebnis dessen war die Verlegung von Stolpersteinen, die in verschiedenen Sulzbacher Stadtteilen an Verfolgte der Hitler-Diktatur hinweist.
Reinhard Klimmt, ehemaliger Ministerpräsident des Saarlandes, erinnerte in seiner Rede an die bedeutenden Persönlichkeiten des Widerstands und betonte die Verpflichtung, die aus dem Gedenken erwächst. „Die Demokratie ist kein Geschenk, sondern eine Errungenschaft, die immer wieder verteidigt werden muss,“ so Klimmt.
Die Veranstaltung, die von passenden musikalischen Darbietungen von Wolfgang Winkler begleitet wurde, zog mehr als 120 Teilnehmer an und verdeutlichte die anhaltende Relevanz des Gedenkens an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die Organisatoren, darunter die SPD-Sulzbach, der DGB, die Arbeitskammer und die Naturfreunde erhielten für ihr Engagement und die gelungene Durchführung der Gedenkfeier viel Beifall.
Am Ende der Veranstaltung stand die Erkenntnis, dass das Erbe der Widerstandskämpfer von 1934 auch heute noch eine Verpflichtung darstellt: Wachsamkeit, Mut und Engagement für eine freie und gerechte Gesellschaft, gegen Rassismus und Nationalismus sind heute ebenso notwendig wie vor 90 Jahren.