Die Piraten im Saarland äußern sich zum bundesweit behandelten Urteil des BGH. Die in Sulzbach-Altenwald lebende Marlies Krämer, dort Ehrenvorsitzende der LINKEn, war im Rechtsstreit gegen die Sparkasse Saarbrücken unterlegen. Ihr Verlangen nach Gleisstellung durch das Hinzufügen des Begriffs „Kundin“ wurde abgeschmettert. Zurecht, sagt Klaudia Schummerin, Vorstandsmitglied der PIRATEN im Saarland:
„Der Bundesgerichtshof hat richtig entschieden, wie die Vorinstanzen ein ,Recht auf Gendering‘ zu verneinen.[1]
Gendering nach deutschem Muster – eine Alternativendung ,-in‘ oder eine Partizipialkonstruktion zu verwenden – ist dabei nicht etwa die einzige, sondern nur eine Möglichkeit, das weibliche Geschlecht explizit anzusprechen. In der Form, wie es in deutschsprachigen Raum verwendet wird, ist es sogar erwiesenermaßen schädlich. Daher wäre es falsch, dies per Urteil als Recht auf Genrering festzuschreiben.Frau Krämer geht auch fehl in der Annahme, dass diese rein deutsche Insellösung ,von der EU gefordert‘ sei. Das Gegenteil ist der Fall: Englisch- und französischsprachige Länder verwenden immer das ,generalisierte Maskulinum‘, d. h. sie verwenden das maskuline grammatische Geschlecht als Allgemeingeschlecht. Es existiert zwar auch im Englischen ein weibliches Genus (engineer-engineeress; chirurgeon-chirurgess; priest-priestess). Daher weiblichen Begriffe werden jedoch nur im absoluten Ausnahmefall angewandt (wie auch im Deutschen mit der Form Doctor/Doctrix oder Professor/Professorin). Im Gegensatz zu slawischen Sprachen ist das Gendering in germanischen Sprachen eben nicht notwendig für die Kennzeichnung eines Geschlechts; an den Endungen von Bruder/Schwester, Vater/Mutter uvm. kann der Genus nicht abgelesen werden. Entsprechend wird die Movierung auf -in zu einem Fremdkörper; dies bezeichnet man im Französischen als Autrui, im Englischen als ,Othering‚: Ein Geschlecht wird zur Norm, das andere zum Fremdkörper.
Im Gegensatz zum englischen Sprachraum, der – vor Gendering – 40-50% Frauen in MINT-Abschlüssen hatte[2] (danach ging der Anteil auf knapp 30% zurück!), sind Frauen in MINT-Berufen in Deutschland schon deutlich unterrepräsentiert. Dies wird besonders augenfällig, wenn man aus den fünf neuen Bundesländern (ohne Berlin) stammende Frauen und die Fächer Biologie sowie Chemie ausklammert. In der ehemaligen DDR waren Frauen bis in höchste Ebenen mit dem generalisierten Maskulin sozialisiert worden. Dort waren die Begriffe ,Anatom‘ oder ,Minister‘ für Frauen und Männer zugleich Alltag.
Für die PIRATEN im Saarland ist es daher offensichtlich, dass ,Gender Mainstreaming‘ und der deutsche ,-Innen-Weg‘ gescheitert sind. Um echte Gleichstellung – bestehend untrennbar aus den Komponenten der Gleichberechtigung und Gleichverpflichtung – zu realisieren, sind keine von der Allgemeinheit nicht akzeptierten Konstruktionen vonnöten, sondern – wie im Englischen längst Realität – die konsequente Verwendung des generalisierten Maskulinums, mit denen der maskuline Genus (wieder) keinen Rückschluß mehr auf einen weiblichen oder männlichen Sexus erlaubt. Dies ist die Praxis des von Anfang an in der PIRATEN-Bewegung verwendeten Postgender-Ansatzes.
Gleichstellung der Geschlechter bedeutet auch, das Geschlecht dort, wo es keine Bedeutung hat, wegzulassen. Die Leserbriefe in der Saarbrücker Zeitung, die trotz der betont positiven Berichterstattung und dem unzulässigen Zusammenwurf ihrer Klage mit einem „Kampf um Frauenrechte“[3] durch die Bank negativ verlaufen zeigt, dass die Damen und Herren Wähler als mündige Bürger dies einfordern, weil aktionistische Symbolpolitik bewiesenermaßen ihren Sorgen und Nöten – geschlechtsabhängig oder unabhängig – nicht gerecht werden.“